Anfang des Jahres, als SARS-CoV-2 gerade erst auf sich aufmerksam machte, konnten wir Schlagzeilen vernehmen, die uns glauben machen wollten, das neuartige Corona-Virus hätte auch etwas Gutes. Laut zahlreicher Medien würde nämlich gerade unsere Umwelt vom Virus profitieren, da die Ausgangsbeschränkungen, diverse Lockdowns und das beliebte Homeoffice dazu führten, dass in erster Linie Tiere sich wieder aus ihren Verstecken trauten, aber auch die Luftverschmutzung weniger wurde. Zum Teil stimmt das auch, allerdings müssen wir auch hier kritisch bleiben und dürfen nicht alles blind glauben, was sich in den Medien gerade gut verkauft.
Die Auswirkungen der Corona-Krise auf unsere Tierwelt
Fakt ist, viele der Tiere, die wir lange Zeit nicht zu Gesicht bekommen haben, haben sich ihren Weg wieder in unsere Städte und Dörfer gebahnt. Das hat der Forschungsdirektor am französischen Nationalmuseum für Naturgeschichte (MNHN) Romain Julliard beobachten können. Vögel zwitscherten zwischen den Häuserreihen in Städten, Füchse spazierten durch Siedlungen, ja sogar die gefährdete Art der rosa Delfine wurde im Golf von Thailand wieder vermehrt gesichtet. Darüber hinaus fielen die Ausgangsbeschränkungen genau auf die Zeit, in der viele Tiere sich fortpflanzen. So zum Beispiel die Erdkröte und der gefleckte Salamander. Ein großer Teil dieser Amphibien wird in der Regel beim Überqueren der Straße überfahren, wodurch eine große Anzahl zur Fortpflanzung schlicht wegfällt.
Darüber hinaus wurde die „COVID-19 Bio-Logging Initiative“ ins Leben gerufen, an der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung, des Max-Planck-Instituts für Verhaltensbiologie und der Universität Konstanz nun daran forschen, wie die Tiere bis jetzt auf den Rückgang der menschlichen Aktivität reagiert haben. Hierfür wurden die Bewegungen der Tiere vor, während und nach der Ausgangsbeschränkung mittels Minisender verfolgt. Die Ergebnisse dieser Forschung sollten ursprünglich verwendet werden, um Strategien für ein besseres Miteinander von Mensch und Tier zu entwickelt.
Die Wissenschaftler dieser Initiative kamen zu dem Schluss, dass einige Tierarten zwar wieder vermehrt auftraten, im selben Zug aber auch viele Arten unter den Corona-Maßnahmen litten. Insbesondere Möwen, Ratten oder Affen, die in Ballungsräumen leben und von unseren Abfällen profitieren, fehlte es urplötzlich an Nahrung. Und auch die Wilderei nahm in bestimmten Gebieten zu, worunter vor allem die bedrohten Nashörner oder einige Greifvögel zu leiden hatten.
Nationalparks fehlt das Geld, um Naturschutz zu fördern
Ein weiteres Problem, ausgelöst durch die Corona-Maßnahmen, sind die wachsenden Sorgen bezüglich fehlender Besucher in diversen Nationalparks oder zoologischen Gärten. Der Geschäftsführer der zoologischen Gesellschaft Frankfurt machte bereits im Mai beispielsweise darauf aufmerksam, dass sich allein die Zoologische Gesellschaft Frankfurt um rund 30 Naturschutzprojekte weltweit kümmert. Das ist gut, jedoch finanzieren die fehlenden Besucher verschiedener Nationalparks in den meisten Fällen mit ihren Eintrittsgeldern genau diese Art von Natur- und Tierschutzprojekten. Zwar dürfen die Nationalparks mittlerweile wieder Besucher empfangen, dennoch fehlt das Geld, um die Tiere zu versorgen, vorne und hinten. Die Tierparks waren teilweise bis zu 5 Monate komplett ohne Einnahmen und dieser Verlust muss erst einmal wieder ausgeglichen werden.
Es ist nicht alles Gold, was glänzt…
Ein weiterer Punkt in Sachen Corona-Krise und Umwelt ist unsere Luftqualität, die sich laut verschiedener Medien verbessert haben soll. Auf den ersten Blick mag das auch stimmen, denn betrachten wir das Arbeits- und somit das Mobilitätsverhalten unserer Gesellschaft, welches sich in vielen Bereichen durch die Krise verändert hat, können wir durchaus feststellen, dass zumindest auf dem Gebiet der Arbeitswege einiges an Luftverschmutzung weggefallen ist. Aber eben nur auf den ersten Blick. Genauer betrachtet, lässt sich nämlich ohne großen Aufwand ebenso etwas beobachten, was wir schon fast als Ausgleich bezeichnen können, wenn das Mobilitätsverhalten nicht sogar angestiegen ist. In der Stadt beispielsweise nehmen viele lieber den Weg im eigenen Auto auf sich als die öffentlichen Verkehrsmittel zu nutzen, da die Angst vor Ansteckung zu groß ist. Darüber hinaus vermeiden viele den Platz im Restaurant und lassen sich ihr Mittag- oder Abendessen lieber Liefern, wodurch nicht nur Schadstoffe durch den aufgenommenen Anfahrtsweg entstehen, sondern gleichzeitig eine Menge Müll.
Zwar stimmt es, dass zu Anfang des Jahres, als die Krise ihren Anfang nahm, die Luftverschmutzung zurückging. Das ist im Endeffekt auch nur logisch, wenn man bedenkt, dass die gesamte Wirtschaft und somit auch der Verkehr lahmgelegt wurden. Dennoch war und ist dieser Rückgang nicht von Dauer. Flugzeuge fliegen wieder, Autos fahren wieder, Kraftwerke laufen und in unseren Fabriken wird auf Hochtouren gearbeitet, um die Verluste der Krise wieder auszugleichen. Im Grunde können wir also davon ausgehen, dass der Lockdown gar nicht wirklich etwas für die Umwelt gebracht hat. Im Gegenteil: Wie gesagt, müssen diverse Verluste wieder ausgeglichen werden und Menschen, die endlich wieder raus dürfen, wollen natürlich alle auf einmal reisen, sobald die Grenzen wieder offen sind, wodurch beispielsweise der Flugverkehr am Ende sogar vermehrt stattfinden könnte. Das jedoch ist nur eine Hypothese…
Bewusstsein für die Umwelt gestiegen?
Etwas Gutes hatte die Ausgangsbeschränkung allerdings doch. Dadurch, dass die Menschen nicht mehr nach draußen durften, wann und wie sie wollten, haben viele unsere Außenwelt wieder mehr schätzen gelernt. Man konnte beobachten, wie sich der Wald füllte und die Leute die Vorteile dieser atemberaubenden Fauna und Pflanzenwelt bestaunten. Viele Städter kamen und haben teilweise zum ersten Mal seit Jahren wieder gesehen, wie schön und vielseitig unsere Natur ist, vor allem aber, was so ein Spaziergang im Wald mit der Gesundheit und dem allgemeinen Wohlbefinden macht. Aber nicht nur uns ist dieser Wandel aufgefallen. Zahlreiche Umweltverbände haben während der gesamten Zeit ebenfalls eine verstärkte Nachfrage verspürt, wenn es um Mitarbeit, finanzielle Unterstützung oder eigene Ideen bezüglich des Umweltschutzes geht. Das zeigte eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur.
Der Naturschutzbund (Nabu) verzeichnete im ersten Halbjahr 2020 beispielsweise etwa 40 Prozent mehr Neu-Mitglieder als im Vergleichshalbjahr 2019, und auch die Austritte waren zudem weniger als im Jahr davor.
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