Für die meisten sind sie ein Blickfang an der Autobahn, dem Strand oder beim Spaziergang. Windräder haben sich längst in unser Landschaftsbild eingeschlichen und gehören mittlerweile zu einer fortschrittlichen Welt dazu. Was aber, wenn die Giganten ausgedient haben? Viele Windenergieanlagen der ersten Generation nähern sich mittlerweile dem Ende. Aber wie werden die effizienten Energieerzeuger eigentlich entsorgt?
Betreiber von Windenergieanlagen gesetzlich für die Entsorgung verpflichtet
In Deutschland sind bundesweit mehr als 28.000 Windkraftanlagen sowohl im Landesinneren als auch in der Nord- und Ostsee im Einsatz. Viele dieser Anlagen gehören der „ersten Generation“ an und neigen sich langsam dem Ende ihrer Amtszeit zu.
Zwar finden einige der ausgemusterten Teile ihren Platz auf dem internationalen Zweitmarkt, ein großer Teil der stillgelegten Windradanlagen muss nach Ende der Dienstzeit jedoch entsorgt werden. Dazu sind die Betreiber von Windenergieanlagen baurechtlich verpflichtet. Die technische Lebensdauer eines solchen Windrades ist auf 20 Jahre begrenzt, was der gesetzlichen Festlegung des Förderzeitraums entspringt. In der Wirklichkeit waren es laut der Fachagentur Wind an Land im Jahr 2017 durchschnittlich gerade einmal 16,5 Jahre. Da stellt man sich zu Recht die Frage, machen Windräder überhaupt Sinn?
Ein Bruchteil der Anlagen, wie einzelne ausrangierte, technisch einwandfreie Bauteile können im Normalfall verkauft werden. Teile wie Kupfer aus den Kabeln, Stahl aus den Türmen und Beton aus dem Fundament, kann recycelt werden.
Für fast alle, in einer Windenergieanlage verwendeten Materialien existieren geeignete Entsorgungswege, wodurch eine Recyclingquote von 80 bis 90 Prozent erreicht werden kann.
Elisa Seiler
Elisa Seiler vom Fraunhofer Institut für Chemische Technologie. Der Rest jedoch, und damit sind insbesondere die Rotorblätter gemeint, stellt die Betreiber vor eine große Herausforderung. Diese werden aus glasfaserverstärkten Verbundwerkstoffen und teilweise auch kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff (CFK) hergestellt, damit die Rotorblätter den jeweiligen (Umwelt)-Anforderungen standhalten.
Aus diesem Grund werden diese Hybridwerkstoffe in den letzten Jahren immer häufiger von den Herstellern gewählt. Das Material sorgt für hohe Festigkeit, Flexibilität und eine leichte Verarbeitung in der Produktion. Diese Stabilität des Materials beschränkt allerdings die Wiederverwertungsmöglichkeiten der Rotorblätter, da die einzelnen Stoffe durch das Harz fest verklebt sind und sich nur durch viel Energieaufwand wieder trennen lassen.

3.800 Rotorblätter werden jährlich zum Sondermüll – Tendenz steigend
Allein in Europa werden etwa 3.800 Rotorblätter jährlich zu Sondermüll, davon allein 2.500 in Deutschland. Experten gehen jedoch davon aus, dass die Zahl ab 2023 steigen dürfte, da zu diesem Zeitpunkt bereits die ersten Anlagen des Windkraftbooms im letzten Jahrzehnt ihr Ende erreichen. In den USA häuft sich die Zahl jetzt schon auf 8000 Rotorblätter pro Jahr. Ein Beispiel für das Ausmaß der Müllentstehung ist der US-Bundestaat Wyoming. Dicht an dicht reihen sich die Rotorblätter hier aneinander und warten vergeblich drauf, abgeholt zu werden. Lediglich in der Mitte einmal auseinandergeschnitten liegen die Kunststoffgiganten nebeneinander auf der braunen Erde. Ob und wann die Rotorblätter die Mülldeponie jemals wieder verlassen werden, ist ungewiss.


Das Problem dabei: Das Material ist giftig, wodurch die Deponierung zumindest bei uns verboten ist. Auch das Verbrennen der Materialien ist keine Lösung, da das Harz bei der Verbrennung toxische Gase entwickelt, welche aufwendig gefiltert werden müssten.
Darüber hinaus müssten spezielle Verbrennungsanlagen entwickelt werden, weil das schmelzende, klebrige Material die herkömmlichen Anlagen verstopfen würde. „Downcycling“ soll die Lösung sein. Hier werden Faserwerkstoffe zu kleinen Schnipseln verarbeitet, um dann ihren Platz in Produkten, wie beispielsweise Parkbänken oder Bekleidungsteilen zu finden. Aber auch hier sehen die Experten auf lange Sicht ein Problem.
Brauchen wir so viele Parkbänke?
fragt Ralf Schledjewski vom Institut für Verbundwerkstoffe an der Universität Kaiserslautern.
Ein Schweizer Unternehmen bietet einen neuen Ansatz
Der Zementhersteller Holc mit Sitz in der Schweiz bringt einen neuen Lösungsansatz, indem die zerkleinerten Flügel als Brennmaterial bei der Zementproduktion dienen sollen. Bei diesem Verfahren werden Temperaturen von rund 2000 Grad Celsius erreicht, wodurch die chemischen Stoffe rückstandslos verwertet werden können. Ein Vorteil: Die Glasfaserschnipsel enthalten Silizium, wodurch Teile des Sandes ersetzt werden, die dem Prozess normalerweise hinzugefügt werden müssen.
Das Bremer Unternehmen Neocomb hat einen ähnlichen Ansatz entwickelt. Auch hier werden die Glasfaser-Kunststoffe in kleine Schnipsel zermahlen und dann an die Zementindustrie weiterverkauft. In den USA gibt es darüber hinaus ein Start-Up Unternehmen namens Global Fiberglass Solutions, welches sich darauf spezialisiert hat, die ausgemusterten Rotorblätter zu Pellets zu verarbeiten. Diese können dann beim Häuserbau in Wänden oder beispielsweise Fußböden verwendet werden. Mit diesem Verfahren kann das US-Amerikanische Unternehmen bereits um die 7000 Rotorblätter pro Jahr verarbeiten.
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