„Haben Deine Kinder alle denselben Vater?“ Die Frage hörte ich zum ersten Mal – so ganz unverfänglich nebenbei gestellt – als ich besagter Fragestellerin das Frühstück ins Gästehaus brachte. Und ganz spontan antwortete ich: „Och, das weiß ich gar nicht so genau!“. Dazu grinste ich mein Gegenüber an. Sie jedoch erwiderte mein Lachen nicht, sondern starrte mich kurz an, bevor sie sich eilig abwandte und in ihrer Tasse Tee irgendwas imaginär total Wichtiges suchte, um mich nicht weiter ansehen zu müssen. Die Unterhaltung war damit beendet – und mir wurde bewusst, dass ich zum Thema Liebe besser keine Witze machen sollte.
Ein Gastbeitrag von Kati
Wie eine spirituelle Gemeinschaft mit Liebe, Partnerschaft und Sex umgeht
Eigentlich wollte ich Karriere machen. Dass ich in einer spirituellen Gemeinschaft gelandet bin, hatte ich nicht geplant – stehe ich heute aber offen zu!
Und eigentlich wollte ich nie heiraten und auch nie Kinder bekommen… Jetzt bin ich schon um die 16 Jahre verheiratet (genau kann ich das nie sagen, ohne nachzusehen) und habe drei Kinder.
Um die Frage korrekt zu beantworten: Ja, meine Kinder haben alle denselben Vater!
Schon der nächste Gast stellte mir dieselbe Frage, und war fast enttäuscht über meine Antwort. Der nächste Interessierte fragte ganz frei: „Habt ihr denn keine freie Liebe bei euch?“
Peinlich, aber ich musste erst mal nachfragen, was damit gemeint ist
Nein, bei uns Spirebos gibt es keinen Partnertausch. Es gibt Paare und Singles. Auch Trennungen gab es schon sowie Paare, die sich in der Gemeinschaft gefunden haben. Aber so querbeet den Partner tauschen? Das war nicht der Grund, warum wir zusammen in einer Gemeinschaft leben wollten. Darüber haben wir noch nie gesprochen.
Wir haben sogar drei (!) Paare in der Gemeinschaft, wo man sagen kann, dass es der erste Mann im Leben war – und bis heute auch der Einzige ist.
Respekt.
Nein, ich hatte auf der Suche nach meinem Prinzen ein unglückliches Händchen. Mein Traummann entpuppte sich öfter mal als Männer-Albtraum… Es passte vorne und hinten nicht. Keine Ahnung, wo ich dieses Syndrom her hatte, dass ich mir immer den Falschen ausgesucht habe. Wahrscheinlich war es der Wunsch nach einem Freund. Eine Sehnsucht nach Halt und Liebe, die mich voreilige Entscheidungen fielen ließ.
Bei meinem ersten Freund und meinem ersten Mal bin ich tatsächlich mittendrin (!) aufgestanden und nach Hause gegangen. Ich war einfach nicht so weit und wir beide ja auch offensichtlich nicht kompatibel. Mein dritter Freund war so nymphomanisch, dass er während der Zugfahrt zu seinen Eltern Sex mit einer Wildfremden auf der Toilette hatte.
Einmal brachte er es sogar fertig, als ich nach Hause kam und er nackt mit einer anderen im Bett lag (oder korrekter: auf ihr drauf lag) und sagte: „Schatz, es ist nicht das, wonach es aussieht!“
Genau dieser Typ brach mir irgendwann das Herz. So fühlte es sich jedenfalls an, man tat das weh! War ja absehbar…
Daraus habe ich gelernt, dass man Liebe auch überleben kann – und das ist doch mal was
Und dann, als ich die Suche nach Halt und Liebe aufgegeben hatte, traf ich in einem abgeschiedenen Eifel-Kaff, bestehend aus 25 Einwohnern, den Richtigen. Ich wehrte mich tatkräftig – hatte ich doch einfach keine Lust mehr auf Liebeskummer und Unpässlichkeiten.
Aber es war der Richtige, und hier passte es einfach. Er war der Fels, der mir Halt gab, wenn ich wieder in dunklen Wassern zu versinken drohte. Genau er ließ mein Ego hart aufprallen, wenn es mal wieder zu ausgelassen seinen Hexentanz aufführte. Drei Wochen nicht in der Dusche – für mich ist sein Geruch immer noch unwiderstehlich.
Im Gegensatz zu den Einer-Kandidaten in meiner Gemeinschaft habe ich einen Vorteil: Ich hatte schon andere Freunde. Kenne die Nachtgespräche, die Streitereien, die verschlafenen Morgenstunden, das flattern in der Magengrube, gegen das man sich einfach nicht wehren kann und den immer wieder andersartigen Sex.
Und hier kann ich ganz frei und beherzt sagen: Ist mir doch egal, dass er nicht der Erste ist!
Und heute kann ich sagen: Ich habe meinen Hauptgewinn, meinen „Den einen oder keinen“ – auch wenn ich dafür Umwege gehen und Schleifen drehen musste!
Manche Besucher finden uns fast schon prüde und langweilig. Mein Schreibkollege Manfred hätte gar nichts gegen eine Freundin. Der Wunsch nach einer Partnerin ist jedenfalls da. Aber es ist allgemein nicht einfach, eine Frau kennenzulernen, wenn man gerade an der bulgarisch-griechischen Grenze Büffel hütet, als deutschsprachiger mitten im Nichts in der chilenisch wilden Natur Patagoniens hockt oder auch den Atlantik mit dem 120 Jahre alten Traditionssegler „Stahlratte“ überquert.
Das langjährige Gemeinschaftsleben hat Manfred und mir gezeigt, dass es fast keine Unterschiede zwischen einer guten Freundschaft und einer Partnerschaft gibt. Der Hauptunterschied ist, dass wir als gute Freunde nicht das Bett miteinander teilen und keinen Sex miteinander haben.
So sehr ich meinen Mann liebe – mehr als mich selbst – so wichtig ist Manfred mir als langjähriger guter Freund. Mit ihm kann ich über alles reden und er hat mich noch nie im Stich gelassen. Wenn mein Mann wieder auf langen Reisen war, keine Zeit hatte oder das Thema einfach als zu lapidar abtat, was mich aber gerade so ungemein quälte.
Und – ganz ehrlich – wir beide haben auch keine Lust, das Bett miteinander zu teilen. Ich habe meinen Hauptgewinn gefunden, und auch Manfred wartet noch auf seinen. Warum diese Freundschaft durch eine Stunde horizontale Bewegung aufs Spiel setzen?
Nein danke!
Auch das ist eine Art von Liebe. Und ja, man kann auch ganz platonisch freundschaftlich lieben, während man im Herzen auf die Richtige wartet, mit der man ALLES teilen kann.
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