Karriere ist zum Synonym für Erfolg im Leben geworden. “Und was machst du so?” bestimmt den sozialen Stellenwert. Die Karriereverweigerer wollen sich vom “kapitalistischen Wachstums- und Karrierefetisch” befreien.
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„I would prefer not to“ – das Revolutionärste, was möglich ist!
“I would prefer not to“- „Ich möchte lieber nicht“, heißt der Leitspruch des Hauses Bartleby, Zentrum für Karriereverweigerung in Berlin. Gesagt hat diesen Satz der Titelheld in einer Erzählung von Herman Melville: Der Schreiber Bartleby kopiert per Hand die Akten einer New Yorker Anwaltskanzlei im 19. Jahrhundert, unermüdlich wie eine Maschine, bis er eines Tages die Arbeit verweigert und bekannt gibt: “I would prefer not to.” Ich möchte lieber nicht.
Das Ende 2014 gegründete “Zentrum für Karriereverweigerung” war ursprünglich ein virtueller Ort, an dem sich Interessierte über das Internet miteinander vernetzen können. Inzwischen gibt es aber auch ein kleines Ladenbüro in Berlin-Neukölln. Dort sind ein gutes Dutzend Leute aktiv, der Newsletter hat rund 4000 Abonnenten.
Gemeinsam mit dem Theaterdramaturgen Anselm Lenz gründete Alix Faßmann das Zentrum für Karriereverweigerung, das “Haus Bartleby”.
Wir begreifen uns als Forschungsgruppe, als Netzwerk der Ausstiegswilligen. Dem sogenannten Wirtschaftswunder der Fünfziger müsse ein “Erkenntniswunder” folgen – angetrieben von Muße statt Fleiß: Keine Angst zu haben und sich sein Leben nicht zur Jobhölle machen zu lassen, ist das Coolste und Revolutionärste, was uns heute möglich ist.
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Warum Menschen die Karriere verweigern
Kleine Aushilfsjobs statt großer Karriere: Immer mehr Menschen verweigern bewusst den beruflichen Erfolg. Sie wollen ihr Leben sinnvoller gestalten, statt um Posten und Prestige zu kämpfen. Überzeugte Karriere-Verweigerer können im “Haus Bartleby” in Berlin auf Gleichgesinnte treffen.
Arm aber glücklich: Warum Menschen ihre Karriere verweigern – Ein Interview im Deutschlandfunk (4 Minuten)
Wie wertvoll ist ein Mensch?
Wie wertvoll ein Mensch ist wird vorwiegend durch die berufliche Karriere bestimmt. Nahrung, Wohnung, Produkte, Macht und Anerkennung wird nach beruflichen Erfolg innerhalb einer Gesellschaft verteilt. Wer nicht arbeitet ist entweder ein Versager, hat reich geerbt oder ist krank.
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Und auch krank zu sein kommt oft einem persönlichen Versagen gleich. Rund die Hälfte (Stand 2015: 42,9 Prozent) der Frühverrentungen geht inzwischen auf psychische Erkrankungen zurück und fast jeder zehnte Versicherte beklagt, dass er für seine Arbeit zu wenig Anerkennung erfährt. Zahlen, die eine deutliche Sprache sprechen und doch hängt ihnen einen “Hauch von Versagen” an. Seien es durch die Erkrankten selber oder die, durch die, die auf sie “herabschauen”.
Wer jedoch Erfolg hat, der hat „hart gearbeitet“, „Glück gehabt“ oder ist durch „Vitamin B“ die Karriereleiter emporgestiegen. Ob an der Spitze der Leiter Glück und Zufriedenheit warten bleibt dabei völlig offen. Fakt ist: Weder Erfolg noch Geld machen glücklich, sondern selbstbestimmte Arbeit ist der Schlüssel zu einem glücklichen und erfüllten Leben. Das ist auch der Grund, wieso Künstler, laut eine repräsentativen Studie 2012, des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) die seit 1990 regelmäßig wiederholt wurde, am glücklichsten sind, obwohl sich diese Berufsgruppe eher mit schlechten Bedingungen konfrontiert sieht. Fachleute zeigten sich vom Ergebnis der Untersuchung überrascht. Es wundert sie, dass Künstler sich als die Glücklichsten herausstellten. Ein wesentlicher Grund dafür ist, dass Menschen in künstlerischen Berufen in hohem Maße selbstbestimmt arbeiten könnten. „Etwa 40 Prozent der Künstler sind selbstständig, in sonstigen Berufen ist es nur jeder Zehnte.“
Der Verdienst in dieser Berufsgruppe spielt nur eine untergeordnete Rolle. Künstler haben im Schnitt ein geringeres Einkommen als andere Berufstätige, legen darauf aber auch nur halb so viel Wert. Künstler sind lt. der Studie umso glücklicher mit ihrer Arbeit, je mehr Stunden sie wöchentlich arbeiten. Die Tätigkeit selbst mache die Künstler glücklich.
Deine Arbeit, Dein Leben – WestART Talk WDR
Karriereverweigerung bedeutet NICHT Arbeitsverweigerung. Es bedeutet Selbstbestimmung.
Den Karriereverweigerern geht es nicht darum, Arbeit grundsätzlich zu verweigern. Arbeit ist gut, sagen sie, solange sie selbstbestimmt ist. Selbstbestimmung und Geld verdienen schließen sich zwar nicht aus, doch durch den ökonomischen Druck ist kaum einer mehr in der Lage, sich frei für einen Beruf zu entscheiden.
Ein älterer Kollege, berichtet Alix Faßmann, habe sie an ihrem letzten Arbeitstag mitleidig gefragt, was sie denn nun mache. Ihre Antwort: “Ich mach was wahnsinnig Lukratives.” Er mit großen Augen: “Du wirst reich und berühmt?”
Alix Faßmann lächelt.
Reich und berühmt wird sie eventuell nicht. Aber vielleicht glücklich.
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Quellen:
http://hausbartleby.org/Prolog/Bartleby/
http://hausbartleby.org/
http://www.zeit.de/campus/2016-09/kapitalismuskritik-haus-bartleby-karriere-kritik-links/komplettansicht
http://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/langzeitstudie-kuenstler-sind-arm-aber-gluecklich/6210094.html
http://www.deutsche-rentenversicherung.de/Allgemein/de/Inhalt/6_Wir_ueber_uns/03_fakten_und_zahlen/03_statistiken/02_statistikpublikationen/13_indikatoren_zu_erwerbsminderungsrenten.pdf?__blob=publicationFile&v=17
http://www.deutschlandfunk.de/arm-aber-gluecklich-warum-menschen-die-karriere-verweigern.680.de.html?dram:article_id=359773
http://www.spiegel.de/karriere/karriere-verweigerer-alix-fassmann-schmeisst-ihren-job-a-1014164.html