Warnung vor künstlicher Intelligenz haben wir mittlerweile zur Genüge gehört. Sowohl von Leihen als auch von Experten. Meistens wird vor Technologien gewarnt, die andere entwickelt haben. Was aber, wenn Entwickler vor ihrer eigenen Technologie warnen? So wie Informatiker, Kognitionswissenschaftle#r und ehemaliger Mitarbeiter von Google, Geoffrey Hinton. Jahrzehntelang forschte der Informatiker an künstlicher Intelligenz. Nun verlässt Hinton seinen Arbeitgeber Google und mahnt vor den Gefahren seiner Schöpfung.
Wer ist Geoffrey Hinton?
Geoffrey Hinton ist ein renommierter kanadischer Informatiker und Kognitionswissenschaftler, der als einer der Pioniere im Bereich des maschinellen Lernens und der künstlichen Intelligenz gilt. Er wurde am 6. Dezember 1947 in Wimbledon, Großbritannien geboren und hatte einen bedeutenden Einfluss auf die Entwicklung von neuronalen Netzwerken und tiefen Lernalgorithmen. Seine Arbeiten haben die Grundlage für viele moderne Anwendungen der künstlichen Intelligenz gelegt.
In den 1980er-Jahren entwickelte er zusammen mit David Rumelhart und Ronald Williams das Backpropagation-Verfahren, welches heute ein wesentlicher Baustein für das Training von künstlichen neuronalen Netzwerken ist.
Besonders bekannt wurde Geoffrey Hinton aber durch seine bahnbrechenden Arbeiten im Bereich der Deep Learning-Modelle, wie z. B. Boltzmann-Maschinen und die Einführung der Restricted Boltzmann Machines (RBM), welche die Effektivität und Anwendbarkeit von künstlichen neuronalen Netzwerken revolutioniert haben.
Geoffrey Hinton erhielt im Laufe seiner Karriere zahlreiche Auszeichnungen. Darunter etwa den Turing Award im Jahr 2018, eine der prestigeträchtigsten Auszeichnungen in der Informatik.
Geoffrey Hinton und Google
Geoffrey Hinton spielte eine bedeutende Rolle in der Forschungsabteilung von Google. Im Jahr 2013 wurde Hinton als Distinguished Researcher und leitender Wissenschaftler bei Google angestellt, nachdem Google die Firma DNNresearch übernommen hatte. DNNresearch war ein Start-up-Unternehmen, das Geoffrey Hinton zusammen mit zwei seiner ehemaligen Studenten, Alex Krizhevsky und Ilya Sutskever, gegründet hatte. Die Abkürzung “DNN” steht dabei für “Deep Neural Networks”, was auf die Art der Forschung hinweist, die hier betrieben wurde.
Bei Google Brain, der Forschungsabteilung von Google, die sich auf künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen konzentriert, arbeitete Hinton an der Entwicklung von tiefen Lernalgorithmen und neuronalen Netzwerken. Insbesondere an der Entwicklung von bahnbrechenden Techniken des Deep Learning, die die allgemeine Leistungsfähigkeit von künstlichen neuronalen Netzwerken erheblich steigerten, war Hinton beteiligt.
Eine seiner bekanntesten Arbeiten während seiner Zeit bei Google war seine Rolle bei der Entwicklung der Convolutional Neural Networks (CNNs). CNNs revolutionierten den Bereich der Bilderkennung und führten zu großen Fortschritten bei der Erkennung und Klassifizierung von Bildern (Google lens). Außerdem war der renommierte Informatiker eine treibende Kraft hinter den allgemeinen Forschungsaktivitäten von Google im Bereich der künstlichen Intelligenz und half dabei, Google als eines der führenden Unternehmen in diesem Bereich zu etablieren. Seine Beiträge und Entwicklungen hatten großen Einfluss auf die Fortschritte im maschinellen Lernen und der künstlichen Intelligenz und haben die Grundlage für viele der KI-Produkte und -Dienstleistungen gelegt, die heute von Google und anderen Unternehmen verwendet werden.

Warnung vor künstlicher Intelligenz: woher der plötzliche Sinneswandel?
Geoffrey Hinton hatte über viele Jahrzehnte intensiv auf seinem Fachgebiet geforscht – zuerst in Cambridge und Edinburgh, dann in Toronto und schließlich bei Google im Silicon Valley. Auf die Frage hin, ob die künstliche Intelligenz, an welcher er und sein Team arbeiteten, gefährlich sein könnte, wich Hinton immer wieder aus und antwortete meist mit einem Spruch von Robert Oppenheimer, dem Vater der Atombombe:
“Wenn etwas technologisch verlockend ist, setzt man die Arbeit fort und macht es einfach.”
Die Bombe hat Hinton jetzt aber selbst platzen lassen, indem ausgerechnet er als einer der bedeutendsten Wegbereiter dieser Technologien seinen Job bei Google an den Nagel gehängt hat und eine Warnung vor künstlicher Intelligenz ausspricht. Einer der Gründe für den Ausstieg sei laut eigener Aussage auch die Tatsache, dass Hinton sich die vielen Details, die für seine Arbeit nötig seien, nicht mehr so gut merken könne wie früher. Vor allem aber möchte er die Menschen vor einer Technologie warnen, die sie überfordert und zu einer großen Gefahr werden könnte.
“Manchmal glaube ich, es ist, als ob Aliens gelandet wären und die Leute merken es gar nicht, weil sie so gut Englisch sprechen”,
Sagt er in einem Interview mit dem Magazin Technology Review. Geoffrey Hinton, der mittlerweile 75 Jahre alt ist, betrachtet den Missbrauch von künstlicher Intelligenz durch skrupellose Machthaber als die größte Gefahr. So äußert er die Besorgnis, dass unter anderem Akteure wie der russische Präsident Putin KI-Technologien nutzen könnten, um Kriege zu gewinnen oder Wahlen zu beeinflussen. Hinton betont, dass man keineswegs davon ausgehen sollte, dass Machthaber wie Putin nicht in der Lage wären, hochintelligente Roboter zu entwickeln, die darauf abzielen, andere zu töten. Und über all das könne er freier reden, wenn er nicht mehr bei Google sei.
Warnung vor künstlicher Intelligenz Heuchelei oder später Anflug von Vernunft?
Die Tatsache, dass Geoffrey Hinton seine Meinung über die Gefahren von künstlicher Intelligenz erst jetzt ändert, wird von einigen kritisiert. Meredith Whittaker, eine langjährige Mitarbeiterin von Google zum Beispiel, verließ das Unternehmen aufgrund von Meinungsverschiedenheiten über Diskriminierung und Überwachung. Sie äußerte ihre Frustration darüber, dass einige Personen, darunter auch Margaret Mitchell und Timnit Gebru, zwei KI-Forscherinnen, die sich mit ethischen Fragen der künstlichen Intelligenz bei Google beschäftigten, nicht aktiv an ihrer Seite standen, als sie sich mit den Herausforderungen auseinandersetzten. Whittaker erwähnte auf Twitter, dass sie und andere viel Zeit und Geld für Anwälte aufwendeten, um für ihre Überzeugungen einzutreten, und sie kritisiert, dass diese Unterstützung während ihrer Auseinandersetzungen nicht vorhanden war.
“Wo waren sie, als wir organisiert haben, es aufzuhalten, bevor es diesen Stand erreichte?”
So die Forscherin. Es hätte einen Moment gegeben, in welchem sie gemeinsam hätten handeln können. An dem die Macht, die diese Männer der KI gegeben hatten, solidarisch hätte genutzt werden können, um das Schlimmste zu verhindern.
Hinton indes bedauert sein Lebenswerk mittlerweile sehr.
“Ich habe meine Ansichten darüber, ob diese Dinger intelligenter sein werden als wir, plötzlich geändert”,
sagt er im Interview mit Technology Review.
“Ich glaube, sie sind jetzt sehr nahe dran und sie werden in der Zukunft viel intelligenter sein als wir. Wie überleben wir das?”
Geoffrey Hinton glaubt nun, dass es in Zukunft zwei Arten von Intelligenz auf der Welt geben wird: biologische Gehirne und neuronale Netze. Die Frage, ob die biologische Intelligenz der Menschen ausreicht, um die Entwicklung von künstlicher Intelligenz zu kontrollieren oder zu stoppen, stellt er eher skeptisch dar. Hinton verweist darauf, dass es bereits Herausforderungen gibt, bei denen die menschliche Intelligenz Schwierigkeiten hat, angemessene Lösungen zu finden. Ein Beispiel, das er anführt, ist die Uneinigkeit in den USA darüber, wie man den Zugang von jugendlichen Jungen zu Sturmgewehren regulieren kann.
Fazit
Diese Aussagen von Hinton unterstreichen eindeutig die Komplexität und die potenziellen Risiken, welche mit dem Fortschritt der künstlichen Intelligenz verbunden sind. Es wird immer wichtiger, ethische und soziale Fragen in Bezug auf KI und deren Auswirkungen auf unsere Gesellschaft ernsthaft zu diskutieren und verantwortungsvolle Lösungen zu finden, um sicherzustellen, dass die Entwicklung von künstlicher Intelligenz dem Wohl der Menschheit dient und mit den Werten und Interessen der Gesellschaft im Einklang steht.
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