Bill Gates, der Samariter unserer Zeit… Ob als Lebensretter in einer lebensgefährlichen Pandemie, selbstloser Botschafter für pflanzenbasierte Ernährung oder enthusiastischer Investor zur Rettung unseres Klimas. Es gibt kaum eine Katastrophe, in welche Bill Gates nicht Unmengen an Geld steckt, um diese abzuwenden. Nun möchte er uns sogar vor dem sicheren Verbrennen unseres Planeten bewahren, indem er ein Projekt unterstützt, welches mittels Solar Geoengineering Staub in die Atmosphäre blasen will, um Sonnenstrahlen ins Weltall zurück zu reflektieren. Bravo…
Das Stratosphere Controlled Perturbation Experiment (SCoPEx)
Angesichts der voranschreitenden globalen Erwärmung unseres Planten, sieht Bill Gates es offenbar als seine Pflicht an, seinen Teil dazu beizutragen, eine Katastrophe höheren Ausmaßes zu verhindern, indem der Unternehmer in ein Projekt der Harvard Universität investiert. Mit dem Stratospheric Controlled Perturbation Experiment (SCoPEx) versuchen Wissenschaftler Sonnenstrahlen ins Weltall zurückzureflektieren, um auf diese Weise einen Kühlungseffekt hervorzurufen. Als Reflektor soll das Aerosol Kalziumkarbonat, genauer gesagt kohlensaurer Kalk dienen, welches mithilfe eines Ballons in die Atmosphäre befördert wird.
Wie kommt man auf so eine Idee? Nun, als Inspiration diente den Forschern die Natur selbst. So konnte man in der Vergangenheit wohl beobachten, wie sich die Erde durch Unmengen an freigesetzten Aerosolen und Staub nach schweren Vulkanausbrüchen in der Vergangenheit abkühlte. Umweltschützer fürchten allerdings, dass der Einsatz von Kalziumkarbonaten ungeahnte Folgen auf die Ozonschicht haben könnte. Außerdem fürchten Kritiker extreme Wetter-Verschiebungen. Trotzdem sollte SCoPEx im schwedischen Kiruna erprobt werden.
Solar Geoengineering – SCoPEx scheitert an öffentlichem Widerstand
Das Experiment klang harmlos. Anfang des Sommers 2021 fuhr eine Gruppe von Forschern der Harvard University nach Kiruna, einer kleinen Stadt mit 22.000 Einwohnern im Norden Schwedens. Dort wollten sie mithilfe eines schwedischen Raumfahrtunternehmens und einem Ballon, der mit einer mit Instrumenten beladenen Gondel ausgestattet war, (etwa 20 km) in die Stratosphäre starten. Dort wollten die Wissenschaftler eine ein bis zwei Kilometer lange und mehrere 100 Meter breite Wolke freisetzen, um ein paar Tests durchzuführen.
So zumindest sah der Plan aus. Einige sahen das Projekt allerdings problematisch. Es sollte eines der ersten Outdoor-Experimente zum sogenannten „Solar-Geoengineering“ werden. Einer Technologie, die so umstritten ist, dass selbst die Aussicht, sie zu erforschen, Sorgen hervorruft – und natürlich auch Gegenreaktionen.
Es waren Wissenschaftskollegen selbst, die sich gegen das Solar Geoengineering ausgesprochen hatten. Denn bislang gebe es „keinen Konsens, inwieweit ein solcher Versuch angemessen ist“. In einem offenen Brief [1] forderte eine stattliche Anzahl an Wissenschaftlern,
„… sofortiges politisches Handeln von Regierungen, den Vereinten Nationen und anderen Akteuren, um die Normalisierung des solaren Geoengineering als klimapolitische Option zu verhindern. Regierungen und die Vereinten Nationen müssen eine wirksame politische Kontrolle ausüben und die Entwicklung solarer Geoengineering-Technologien auf planetarischer Ebene einschränken. Insbesondere fordern wir ein internationales Nichtnutzungsabkommen für Solar Geoengineering.“

Was kann schon schiefgehen?
Einige Wissenschaftler sind sich einig: Die sich ausbreitenden Forderungen nach solarer Geoengineering-Forschung und -Entwicklung sind ein Grund zur Beunruhigung. Die Forscher teilen drei grundlegende Anliegen.
- Die Risiken des solaren Geoengineering sind und können nie vollständig erforscht werden. Die Auswirkungen unterscheiden sich von Region zu Region, wodurch Unsicherheiten über die Auswirkungen auf das Wetter entstehen. Hierdurch entsteht eine Gefahr für die Landwirtschaft und die Grundversorgung mit Nahrungsmitteln und Wasser.
- Zweitens bedrohen spekulative Hoffnungen auf die zukünftige Verfügbarkeit von Solar-Geoengineering-Technologien Verpflichtungen zur Minderung und könnten Regierungen, Unternehmen und Gesellschaften davon abhalten, ihr Möglichstes zu tun, um so schnell wie möglich eine Dekarbonisierung oder Klimaneutralität zu erreichen. Die spekulative Möglichkeit eines zukünftigen Solar-Geoengineering könnte zu einem starken Argument für Industrielobbyisten, Klimaleugnern und einigen Regierungen werden, um die Dekarbonisierungspolitik zu verzögern.
- Drittens ist das derzeitige globale Governance-System nicht in der Lage, die weitreichenden Vereinbarungen zu entwickeln und umzusetzen, die erforderlich sind, um eine faire, integrative und effektive politische Kontrolle über den Einsatz von Solar-Geoengineering aufrechtzuerhalten. Die Generalversammlung der Vereinten Nationen, das Umweltprogramm der Vereinten Nationen oder das Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen sind alle nicht in der Lage, eine gerechte und wirksame multilaterale Kontrolle über den Einsatz solarer Geoengineering-Technologien auf planetarischer Ebene zu gewährleisten. Dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen, der von nur fünf Ländern mit Vetorecht dominiert wird, fehlt die globale Legitimität, die erforderlich wäre, um den Einsatz von Solar-Geoengineering wirksam zu regulieren.
Ohne eine wirksame globale und demokratische Regulierung wäre die Geopolitik eines möglichen einseitigen Einsatzes von Solar-Geoengineering beängstigend und ungerecht. Angesichts der zu erwartenden geringen monetären Kosten einiger dieser Technologien besteht außerdem die Gefahr, dass sich ein paar wenige mächtige Länder einseitig oder in kleinen Koalitionen auf das Solar-Geoengineering spezialisieren, selbst wenn die Mehrheit der Länder gegen einen solchen Einsatz ist.
Wer entscheidet, ob und wie wir Solar Geoengineering betreiben?
Zunächst liegt das SCoPEx-Projekt auf Eis und der Beratungsausschuss hat versprochen, einen Dialog mit dem Saami Council und den Umweltgruppen aufzunehmen, welche sich gegen das Projekt stellen. Mitglieder dieses Komitees haben darüber hinaus zugegeben, dass sie falsch eingeschätzt haben, wie viel Gegenreaktion allein beim ersten Test der Gondel entstehen würde.
„Man kann fairerweise sagen, dass wir die Einwände, die in Schweden erhoben wurden, nicht erwartet hatten“,
sagte Michael Gerrard, ein Mitglied des Komitees, das auch das Sabin Center for Climate Change Law an der Columbia University leitet. Dennoch, keiner weiß genau, wie viel Zustimmung für das Projekt benötigt wird, um an den Start gehen zu dürfen und es bleibt die Frage, wer entscheidet darüber? Müsste es die Zustimmung eines Teils der schwedischen Öffentlichkeit oder Regierung gewinnen? Oder aus der ganzen Welt?
„Diese Brücke haben wir noch nicht überquert“,
so Gerrard gegenüber Grist.
Der Saami Council, welcher die indigene Bevölkerung der Saami in Schweden, Norwegen, Finnland und Russland vertritt, hat sich seinerseits gegen das Projekt ausgesprochen.
„Es widerspricht unserem Weltbild, die Natur zu respektieren“,
sagte Åsa Larsson Blind, die Vizepräsidentin des Saami Council. Das Volk wäre zwar offen für eine Zusammenarbeit mit den Forschern und dem SCoPEx-Beratungsausschuss zum Thema Solar-Geoengineering im Allgemeinen – aber nicht speziell zu diesem Projekt. „Wir haben eine sehr klare Position, dass wir die Entwicklung der Solar-Geoengineering-Technologie in Sápmi nicht gutheißen“,.
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