Als 1983 das erste Mobilfunktelefon oder umgangssprachlich eher Handy genannt, von Motorola auf den Markt kam, galt das als große Revolution. Vor allem Geschäftsleute nutzten das, nun ja…sagen wir nicht ganz so handliche Gerät, um auch außerhalb des Büros erreichbar zu sein. Schon damals wird Mikrowellenstrahlung für die Übertragungstechnik genutzt. Dennoch, als das erste Handy auf den Markt kommt, sehen sich die US-Behörden nicht veranlasst, eine Technik-Risikoeinschätzung vom Hersteller zu fordern. Es gab also keine offizielle Zulassung für das Gerät und erste wissenschaftliche Studien zum Thema erschienen erst Mitte der 90er. Und ab hier wurde es ungemütlich. Stichwort: WarGaming
Einzel- und Doppelstrang-DNA-Brüche in Gehirnzellen von Ratten nach akuter Exposition gegenüber hochfrequenter elektromagnetischer Strahlung
Die erste Studie zum Thema fand an Ratten statt und wurde 1996 unter der Leitung von Prof. Henry Lai veröffentlicht. Für die Studie wurde die Wirkungen einer akuten (zweistündigen) Exposition bei gepulster (2 – mus Pulsbreite, 500 Pulse s – 1) und kontinuierlicher 2450-MHz-hochfrequenter elektromagnetischer Strahlung auf die DNA-Strangbrüche in Gehirnzellen von Ratten untersucht. Die Ratten waren während der Studie einer durchschnittlichen spezifischen Ganzkörper-Absorptionsrate von 1,2 W/kg ausgesetzt.
Bereits nach vier Stunden konnten die Wissenschaftler unter Verwendung eines Mikrogel-Elektrophorese-Assays Einzel- und Doppelstrang-DNA-Brüche in einzelnen Gehirnzellen der Ratten feststellen. Nach der Exposition gegenüber gepulster oder kontinuierlicher Strahlung wurde auch eine Zunahme beider Arten von DNA-Brüchen beobachtet.
„Wir spekulieren, dass diese Wirkungen aus einer direkten Wirkung hochfrequenter elektromagnetischer Energie auf DNA-Moleküle und/oder einer Beeinträchtigung der Reparaturmechanismen von DNA-Schäden in Gehirnzellen resultieren könnten. Unsere Daten stützen die Ergebnisse früherer In-vitro- und In-vivo-Studien, die die Auswirkungen hochfrequenter elektromagnetischer Strahlung auf die DNA zeigen.“
Heißt es in der Studie.
Die Studie fand Gehör, allerdings bei den falschen…
Die Studie war veröffentlicht, die Menschen lasen sie und natürlich fand sie ihren Weg auch zu Motorola. Das Unternehmen reagierte umgehend und ließ sich von den Lobby-Meistermanipulierern Burson & Marsteller beraten. Ziel des Unternehmens war es, die Studienergebnisse als unglaubwürdig darzustellen. Die Agentur präsentierte dem Unternehmen das sogenannte „War Game Memo“, ein interner „Kriegsspielplan“, um das eigene Produkt vor Kritikern zu schützen.
WarGaming ist offenbar ein Begriff, welcher des öfteren in Verbindung mit organisiertem Wissenschaftsbetrug Verwendung findet. So bereits in den 50ern zum Thema Krebs in Verbindung mit Rauchen und in den 90er-Jahren zum Thema passiv Rachen von der Zigarettenindustrie angewandt. Im Zuge des WarGaming werden renommierte Wissenschaftler von der Lobby bewusst diskreditiert und die Wissenschaftlichkeit ihrer Studien öffentlich angezweifelt. Auch die Reproduzierbarkeit der Ergebnisse wird grundsätzlich infrage gestellt, während eigens finanzierte und kontrollierte Studien durchgeführt werden, um den eigenen Namen wieder aus dem Dreck zu ziehen.
Darüber hinaus verbreiten Lobbyisten weltweit einheitliche Pressemitteilungen und Sprachregelungen, um die Medien und seine Leser bewusst zu manipulieren. Wie die Argumentation der Mobilfunkindustrie gegen die Forderung diverser Wissenschaftler, Mobilfunkstrahlung von der Kategorie 2B als “möglicherweise krebserregend” in die Gruppe 1 “krebserregend” einzustufen. Laut der Mobilfunkindustrie wären Mobilfunkstrahlungen nämlich genauso schädlich wie Kaffee, eingelegtes Gemüse, Gurken oder Aloe vera. Denn diese Produkte seien auch in 2B, “möglicherweise krebserregend”, eingestuft.
Aber damit noch nicht genug, die Lobbyisten schulen sogar ihre eigenen Wissenschaftler, um kritische Pressefragen entsprechend zu beantworten. Alles mit dem Ziel, jegliches Gesundheitsrisiko einhergehend mit den jeweiligen Produkten generell abzustreiten.
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Was passierte mit Lai?
Nun, die Manipulationsexperten haben ihren Job gut gemacht. Das sehen wir ja heute. Sie räumten ein, dass Lais Arbeit wichtig wäre, vor allem vor dem Hintergrund betrachtet, dass es die erste Studie auf diesem Gebiet war. Dennoch sei die Untersuchung nichtssagend, da es sich nur um eine Einzelstudie handelt. Ernstzunehmende Wissenschaft würde sich dadurch auszeichnen, dass eine Studie durch mehrere Forscher bestätigt wird, bevor irgendwelche Schlüsse gezogen werden. Das Team verwies außerdem auf vergangene Fälle, in welchen Forscher diskreditiert wurden, weil ihre Forschungsergebnisse nicht von anderen Forschern wiederholt werden konnten.
Im Zuge dessen hat sich die Industrie selbst bereit erklärt, diese Art von Forschung zu übernehmen und gab in den eigenen Reihen eine entsprechende Studie in Auftrag, um die Ergebnisse aus der Lai Studie zu überprüfen. Wie hier das Ergebnis ausfiel, dürfte jedem klar sein…
Angst hatte die Industrie dennoch, ansonsten hätte die Lobby in Professor Lai nicht eine solche Bedrohung gesehen. Denn dieser wurde von der Industrie schon angegriffen, bevor er seine Studie überhaupt publizieren konnte. Mit der Veröffentlichung der Industriestudie und somit der Widerlegung der Laistudie, war die Karriere des Wissenschaftlers Professor Lai dann so gut wie vorbei. Und so passiert es leider nach wie vor sowohl in Europa als auch auf anderen Kontinenten.
Wissenschaftler, die sich einer großen Industrie gegenüber kritische äußern, nimmt man überhaupt nicht ernst. Sie werden kleingeredet, diskreditiert und verschwinden von der Bildfläche. Und das, ohne ihnen überhaupt eine faire Chance gegeben zu haben, ihren Wissensstand zu rechtfertigen.
Der Bundestag betreibt WarGaming
Aber nicht nur die Industrie betreibt WarGaming. Im Juni 2021 wurde ein Artikel auf all-in.de veröffentlicht der auf einen Skandal im Deutschen Bundestag aufmerksam machte. So wurde die Schweizer Mobilfunk-Lobby ‚Forschungsstiftung Strom und Mobilfunkkommunikation vom Deutschen Bundestag beauftragt, eine Studie zu Gesundheitsgefahren der Mobilfunkstrahlung durchzuführen.
„Das ist ein echter Lobby-Skandal, was sich das Büro für Technikfolgenabschätzung des Bundestags da leistet!“
Sagte Jörn Gutbier, Vorsitzender des diagnose:funk damals.
„Wer ehrlich Auskunft über die Gesundheitsgefahren durch Mobilfunkstrahlung haben will, beauftragt doch nicht die Mobilfunk-Lobby. Das Büro für Technikfolgenabschätzung des Bundestags muss dafür auf unabhängige Wissenschaftler und deren Studien zurückgreifen: Es liegen mittlerweile fast 100 Review-Studien vor, die den Stand der Wissenschaft zusammenfassen und ausführlich bewerten. Und dabei kommt die Mobilfunk- und WLAN-Strahlung nicht gut weg: Diese Strahlung erzeugt oxidativen Zellstress, was wiederum zu entzündlichen Erkrankungen, verminderter Fruchtbarkeit und Krebs führen kann. Das muss der Bundestag wissen, wenn es um Technikfolgenabschätzung von Mobilfunk geht. Die Verharmlosung der Mobilfunk-Lobby hilft da wirklich nicht weiter.“
So Gutbier weiter. Der Bundestag outet sich hiermit als Sprachrohr für Lobbyisten der Industriegiganten. Die Gesundheit der Bürger und der Umweltschutz werden hierbei bewusst in den Hintergrund gerückt. Wir sehen also, wie weit die Macht von mit zu viel Geld ausgestatteten Lobbyisten geht und welche Bedeutung dieser Einfluss auf politische Entscheidungen hat. Organisationen wie abgeordnetenwatch oder lobbycontrol kritisieren diese Umstände schon seit Langem. Vor allem die Tatsache, dass sich etablierte Parteien, allen voran die Union weigern, hier für mehr Transparenz zu sorgen.