Die Zeiten haben sich geändert. Diversität wird heute großgeschrieben, Polyamorie und in vielen Kulturen auch die Polygamie. Die Menschen legen großen Wert darauf, glücklich und unabhängig zu sein und gehen weniger Kompromisse ein, wenn es um Beziehungen geht. Insbesondere Frauen haben sich in den vergangenen Jahrzehnten emanzipiert und wissen genau, was sie wollen und vor allem, was nicht. Letzteres ist wohl auch der Grund, warum heutzutage weniger Ehen geschlossen werden. Lasst uns darauf ein weniger genauer eingehen und untersuchen, ob die Ehe überhaupt noch zeitgemäß ist und woran es liegt, dass immer weniger Paare den Bund der Ehe eingehen.
Brauchtum Ehe
Im Grunde ist die Ehe nichts anderes als der vertragliche Beschluss zweier Parteien für eine Gemeinschaft, die bestimmten Gesetzen unterliegt. Klingt ziemlich unromantisch, oder? Aber genau das ist es. Denn das Wort „Ehe“ entstammt dem alt- oder mittelhochdeutschen “ewe” oder “ewa” und bedeutet „Gesetz“. “Hîwa” ist das alte germanische Wort für „Heirat“ bedeutet so viel wie Hausstand, Hausgemeinschaft.
Ursprünglich war die Ehe nichts, was auch nur annähernd etwas mit Liebe zu tun hatte. Im Gegenteil, es ging schlicht darum zwei Familien, meist aus politischen Gründen zu verbinden. Frauen hatten bei diesem Bund freilich wenig zu melden und mussten sich fügen. Heute ist das anders und die Ehe wird in der Regel nur dann vollzogen, wenn sich die Ehepartner auch wirklich lieben und ein gemeinsames Leben tatsächlich wollen. Natürlich ist das nicht immer so, wir wollen jetzt aber mal von der romantischen Ehe ausgehen. Damals hatte auch die Kirche noch nicht so krass ihre Finger im Spiel und ihr Segen war mehr Sitte als Pflicht.
Bis zum frühen 13. Jahrhundert hatte die Kirche ihre Macht jedoch ausgedehnt und ein eigenes Eherecht entwickelt. Somit wurde die Trauung zu einer kirchlichen Angelegenheit. Das Vierte Laterankonzil beschloss im Jahr 1225, dass Trauungen nur noch von einem Priester vorgenommen werden durften, während Laientrauungen verboten wurden. Wer sich dem widersetzte, machte sich strafbar, denn das Gesetz besagte, dass alle Verweigerer,
“des Gebietes verwiesen und von einem Abt nach seinem Willen bestraft werden.”
Als der Staat das Zepter übernahm
So befahl es eine Ordnung der Abtei St. Peter in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Auch das änderte sich glücklicherweise, nachdem Martin Luther die Hochzeits-Hoheit der Kirche 1530 mit den Worten “Es kann ja niemand leugnen, dass die Ehe ein äußerlich, weltlich Ding ist, wie Kleider und Speise, Haus und Hof weltlicher Oberheit unterworfen”, durchbrach. Von da an sollten die weltlichen Autoritäten die Eheschließung übernehmen und rechtlich regeln. Der Staat übernahm also die Kontrolle, was auch in protestantischen Ländern dazu führte, dass die kirchliche Trauung zur Pflicht wurde. Somit wurde suggeriert, dass die christliche Segnung für eine Ehe von elementarer Bedeutung ist.
Im 17. Jahrhundert kam es zur Modernisierung in Europa, wodurch sich Humanismus und Aufklärung ihren Weg bahnten. Freiheit, Verantwortlichkeit, Vernunft wurden zu den neuen Idealen und die Rolle des Staates veränderte sich – endgültig brach die Französische Revolution mit der Vormacht der Kirche. Zu diesem Zeitpunkt (1792) wurde die Ehe als Ziviltrauung vorerst in Frankreich festgeschrieben. Mit der Zeit wurde diese Regelung dann auch in Gebieten eingeführt, welche von Truppen der Französischen Revolution besetzt waren. Geistlichen wurde sogar verboten, vor der zivilrechtlichen die kirchliche Trauung vorzunehmen.
Ist die Ehe noch zeitgemäß, warum heiraten wir heute noch?
Vor dem Hintergrund betrachtet, wie und vor allem warum die Ehe entstanden ist, stelle ich mir oft die Frage, warum wir das heute überhaupt noch machen. Denn im Grunde war die Ehe nichts anderes als ein Deal zwischen zweier Parteien und die Frau das Produkt. Also ziemlich frauenverachtend und Menschenrechtswidrig. Denn wie gesagt, eine Frau hatte in dieser Sache gar nichts zu melden. Sie musste sich fügen und ihren „ehelichen Pflichten“ nachkommen, was zu damaliger Zeit hauptsächlich das Gebären von Kindern beinhaltete.
Diese „ehelichen Pflichten“ haben sich im Laufe der Zeit dahin gehend verändert, dass der Frau mehr Pflichten zugeschrieben wurden. Im 19. Jahrhundert wurden die Aufgaben der Hausfrau und Mutter zur einzigen Bestimmung der Frau erklärt. Kochen, Kindererziehung, Haushalt. Dabei war es aber auch wichtig und gehörte ebenso zu den Pflichten einer guten Ehefrau, für den Ehemann ansprechend auszusehen, denn auch der musste natürlich bespaßt werden. Die Frau steht am Herd und der Mann bringt das Geld nach Hause. Ein verengtes Idealbild, welches uns Frauen bis heute zu schaffen macht.
Zeitgemäß ist das bestimmt nicht mehr, denn sehen wir uns um, sehen wir Frauen in Führungspositionen, Frauen, die allein leben, selbstständig Geld verdienen und unabhängig von Männern leben. War es damals also noch so, dass die Ehe für eine überwältigende Mehrzahl aller Frauen die einzige wirtschaftliche und soziale Absicherung war (auch rechtlich gesehen). Kann man heute gut behaupten, dass wir Frauen die Ehe nicht mehr benötigen, um uns abzusichern. Wir können selbst für uns sorgen und tun das auch gerne. Denn,
„Unabhängigkeit im Denken ist das erste Kennzeichen der Freiheit. Ohne sie bleibst du ein Sklave der Umstände.“
Swami Vivekânanda
Verliert die Ehe an Bedeutung?
Wenn man sich die Zahlen an Eheschließungen in den vergangenen Jahrzehnten ansieht, könnte man das meinen. Denn 1950 gab es noch etwa 750.000 Eheschließungen, während die Zahl im Jahr 2021 auf den historischen Tiefstand von nur etwa 360.000 fiel. Die Coronapandemie spielt da bestimmt auch eine Rolle, allerdings konnte man den Rückgang bereits vor der Pandemie beobachten.
“Es gibt nicht mehr wie damals diese Verpflichtung zur Ehe, sondern es gibt inzwischen sehr viele individuelle Gründe zu heiraten oder eben auch nicht zu heiraten”,
erklärt Michael Wutzler, Soziologe an der Fachhochschule Erfurt. Er weist darauf hin, dass wir hier allerdings nicht primär von einem Bedeutungsverlust der Ehe sprechen, sondern viel mehr von einem Bedeutungswandel. Dass die Ehe nicht grundsätzlich an Bedeutung verloren hat, zeigen auch die Zahlen zur durchschnittlichen Ehedauer. Denn entgegen der aktuellen allgemeinen Auffassung bleiben Eheleute in Deutschland aktuell länger verheiratet als noch vor einigen Jahren. Im Jahr 2021 hielt eine Ehe durchschnittlich etwa 14,5 Jahre. 1990 blieb ein Ehepaar im Durchschnitt lediglich 11,5 Jahre zusammen. Das liegt vielleicht auch daran, dass das durchschnittliche Heiratsalter gestiegen ist. Wir lassen uns also länger Zeit, bis wir uns in das Eheleben stürzen. Wir sind sorgfältiger bei der Partnerwahl und heiraten nicht mehr aus rein wirtschaftlichen Gründen.
Ist die Ehe noch zeitgemäß, Muss man heute noch heiraten?
Seien wir ehrlich, aus heutiger Sicht ist die Ehe lediglich ein Relikt aus einer Zeit, in der die Frau vom Mann abhängig war. Sowohl finanziell als auch sozial. Der Gedanke an eine Hochzeit ist zwar romantisch, dennoch nicht unbedingt notwendig. Ich bin ein großer Fan der Liebe und zugegebenermaßen, finde ich den Gedanken an eine Hochzeit mit schönem Kleid und großer Feier auch ansprechend. Was danach kommt, aber eher weniger. Denn wie können wir im mittleren Alter ein Versprechen geben, welches wir niemals wissen, einhalten zu können? Keiner weiß, was in 20 Jahren ist. Ist der Gedanke daran, den Rest seines Lebens mit ein und derselben Person zu verbringen, also nicht eigentlich extrem naiv?
Das einander Lieben ist doch schon das größte Geschenk, was einem Paar passieren kann. Warum muss ich mich dahin gehend noch absichern und einen Vertrag eingehen, der uns beide nur in einen Käfig sperrt? Ein Käfig voller Regeln und Gesetze, die uns vorschreiben, wie wir uns zu lieben haben, damit wir gesellschaftlichen Narrativen entsprechen. Es ist nicht die Ehe, welche einer Beziehung die Kirsche aufsetzt. Es ist die Liebe selbst. Das, wie wir miteinander umgehen. Und nur weil ich meinen „Freund“ nach Austausch eines Ringes meinen „Ehemann“ nennen darf, bin ich nicht mehr oder weniger in ihn verliebt.
Das Problem bei der ganzen Sache: Der Staat hat zu sehr seine Finger im Spiel, wodurch Vorteile für verheiratete Paare entstehen. So etwa beim Sorgerecht für uneheliche Kinder. Denn dieses liegt zunächst bei der Mutter allein. Der Vater gilt somit vor dem Gesetz nicht als Vater des Kindes und muss dies erst einmal eintragen lassen. Auch das Sorgerecht muss erst einmal beantragt werden.
Auch steuerrechtlich bietet die Ehe Vorteile. Das sogenannte Ehegattensplitting erlaubt Verheirateten, ihre Einkommen bei der Steuererklärung zusammenzurechnen, wodurch die Person mit dem höheren Gehalt steuerlich entlastet wird. Das allerdings lohnt sich nur dann, wenn eine der beiden Personen wenig bis gar nichts verdient. Denn je höher der Gehaltsunterschied, desto größer die Ersparnis. Also bleibt die Frau am besten wieder daheim und kümmert sich um den Haushalt…
Ich frage mich, warum dieser bürokratische Wahnsinn überhaupt noch notwendig ist und warum Menschen, die verheiratet sind, begünstigt werden. Dieses System ist meiner Meinung nach längst veraltet und unterstützt die perfide und veraltete Rollenverteilung von Mann und Frau. Wie seht Ihr das?
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