“The Good Food” ist der Laden, der ganz im Glanz der neuen Zeit steht unserer bisherigen Wegwerfgesellschaft ein neues nachhaltigeres Gesicht zu verleihen. Gemüse und andere Lebensmittel, die nicht der EU-Standard-Norm entsprechen und von den meisten Läden weggeschmissen werden (wenn sie nicht schon auf dem Feld aussortiert wurden) werden hier verkauft, denn natürlich sind sie noch essbar und gesund, oftmals gesünder als ihre allzu “perfekten” Artgenossen. Und obendrauf funktioniert das ganze auf Spendenbasis. Ein Konzept dem man folgen kann?
Nicole Klaski ist gerade eine gefragte Frau. Und das verwundert sie selbst. “Wir sind ein bisschen überwältigt”, sagt sie. Das brasilianische Fernsehen sei schon da gewesen. Ihre Geschichte stehe auf einer chinesischen Webseite. Ein wenig verrückt ist das schon. Sie hat doch nur einen kleinen Laden aufgemacht, etwa 30 Quadratmeter im Kölner Stadtteil Ehrenfeld. Aber Klaski hat mit ihrem Lädchen offenkundig einen Nerv getroffen.
Nach einer Studie für das Ernährungsministerium von 2012 landen jährlich elf Millionen Tonnen Nahrung in Deutschland im Müll. “The Good Food” ist ein Konzept, das gegen die massive Verschwendung von Lebensmitteln vorgeht.
“Er könnte es selbst ernten. Aber er weiß genau: Später kriegt er es nicht verkauft, weil seine Handelspartner strikte Richtlinien haben”, sagte Laden-Gründerin Nicole Klaski der Deutschen Presse-Agentur.
Der Kölner Reste-Laden gehört damit zu einer der neusten Erscheinungen einer jungen Szene, die aussortierte Lebensmittel retten will. Immer mal wieder machen Projekte damit auf sich aufmerksam. Sie heißen “Schnippeldisko” oder “Restlos Glücklich” in Berlin.
Klaski hat nicht nur krummes Gemüse im Sortiment, sie verkauft auch Lebensmittel, bei denen das Mindesthaltbarkeitsdatum überschritten ist, zum Beispiel Bier.
“Das Thema Lebensmittelverschwendung ist einfach eingängig”, sagt sie.
Jeder habe sich vielleicht schon einmal darüber geärgert, wenn etwas im Kühlschrank vergessen wurde und dann abgelaufen ist. Oder man habe einfach mal gelesen, wie viel weggeschmissen wird. Der Laden hat verschiedene Bezugsquellen. Gemüse etwa wird bei einem Bauern nachgeerntet. “Er könnte es selbst ernten. Aber er weiß genau: Später kriegt er es nicht verkauft, weil seine Handelspartner strikte Richtlinien haben”, sagt Klaski. Die Kartoffeln zum Beispiel. “Er weiß genau, was zu groß, zu klein, zu knubbelig ist”. Das sind dann Fälle für ihr Team. Sie holen ab, was bei der Sortiermaschine durchs Raster fällt. Anders ist es etwa bei Porree – da müssen sie selbst aufs Feld und einsammeln, was die Arbeiter liegen lassen.
Ein Laden, der noch viel von Idealismus lebt
[horizon_newsletter_box] Feste Preise gibt es in dem Laden nicht. “Zahl, was Du möchtest” steht auf mehreren Schildern. Das soll auch heißen: Was es Dir wert ist. Vielen sei ja gar nicht mehr klar, welche Arbeit Bauern leisteten, sagt Klaski. Sie entwickelte die Idee nach einem Auslandsaufenthalt in Nepal. Zurück in Köln wurde ihr bewusst, wie verschwenderisch in Deutschland mit Ressourcen umgegangen wird. Aktuell lebt “The Good Food” noch von viel Idealismus. Das komplette Team arbeitet ehrenamtlich. Es sollen aber echte Stellen entstehen.
Was kein Gemüse ist, kommt etwa von Firmen, die ihre Produkte aus unterschiedlichen Gründen nicht mehr verkaufen wollen oder können – etwa, weil sie bald ablaufen oder schon abgelaufen sind. Da ein Mindesthaltbarkeitsdatum aber kein Verfallsdatum ist, kann sie der Laden anbieten. Die Kunden müssen aber darauf hingewiesen werden.
Die Norm als Orientierung – notwendig?
So neu der Laden ist, so alt ist eigentlich die Frage, die hinter der Idee steckt: Was können Bauern auch aus Unförmigem noch machen? Es gebe natürlich bereits einige Absatzformen, die nicht an Handelsnormen gebunden sind, sagt Jochen Winkhoff von der Fachgruppe Gemüsebau im Bundesausschuss Obst und Gemüse. Zum Beispiel den Hofladen. Was nicht den Normen entspreche, gehe auch in die Verarbeitung und werde zum Beispiel zu Saft. Beschädigte oder unförmige Möhren landen oft als Futter bei Pferden.
Der Handel wolle Produktnormen, sagt Winkhoff. Das habe auch seine Gründe – sie seien Orientierungshilfe. Wenn der Einzelhandel etwa in Spanien Gurken bestelle, wolle er sichergehen, dass er genau die Ware bekommt, die er haben will. “Dafür braucht man Normen”, sagt Winkhoff. “Bei uneinheitlicher Warenpräsentation würde der Verbraucher vermutlich die Regale stark durchwühlen.” Klaskis Sortiment jedenfalls ist auch schon reichlich ausgedünnt an diesem Tag.
“Vielleicht machen wir noch einen Laden auf”, sagt sie.
Hier geht’s zu The Good Food’s Webseite: http://www.the-good-food.de/
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