Die Buchveröffentlichung mit dem Titel “Artgerecht ist nur die Freiheit – eine Ethik für Tiere oder Warum wir umdenken müssen” ist das philosophische Werk der Aussteigerin Hilal Sezgin, die mit ihrer Schafherde in der Lüneburger Heide lebt. Das Buch schlägt erstaunlich hohe Wellen und ist wie ein weiterer Tropfen in ein schon fast volles Glas, welches in Anbetracht der Skandale bald am Überlaufen ist:
Tierschutz versus Tierversuche für Medikamente
Vegan essen versus Fleischkonsum
Massentierhaltung versus Welternährungsproblem!
Sicher hat sich ein jeder von uns schon darüber Gedanken gemacht. Besonders wenn es um Skandale der Massentierhaltung geht, die nicht ausbleiben und regelmäßig an der Tagesordnung stehen – zuletzt das Thema der Antibiotikaresistenzen in der Massentierhaltung. Das macht nicht wirklich Appetit, doch solange wir nicht unmittelbar davon betroffen sind, schauen wir meist weg.
Unser Verhältnis zu Tieren ist ambivalent: Wir halten Haustiere (leider oft in Käfigen), streicheln und verhätscheln sie. Wir lernen sie aber auch schätzen und lieben – vielleicht mehr als den nächsten Verwandten. Oft dienen sie als heilsamer Ersatz und als Trost für Alleinlebende. Tiere im Altersheim, die gepflegt und versorgt werden müssen, sorgen nachweislich für Freude und Lebensmut.
Auf der anderen Seite wird Fleisch oftmals unbewusst – und nur manchmal auch gleichzeitig ein wenig schuldbewusst – verzehrt. Wir sehen ja nicht in echt und in Farbe die Ställe und das Elend. Wir beruhigen höchstens unser Gewissen mit ökologischem Fleisch. Oder folgen ganz dem Trend eines bewusst gewählten Verzichts mit einer vegetarischen oder gleich konsequent veganen Ernährungsform. Ein Medikament, das im Tierversuch getestet wird, erzeugt kein wirklich schlechtes Gewissen. Vielleicht noch Kosmetika oder Putz- und Waschmittel – und da gibt es ja erstaunlich viele Alternativen. An meine Haut lasse ich nur Wasser und tierversuchsfreie Cremes und Seife…
Letzten Endes muss es jeder für sich alleine entscheiden,
welcher Weg richtig ist.
Das eigene Verhalten – und nur das – wird eine Veränderung bewirken. Der Verbraucher hat sein “Macht” immer noch nicht erkannt!
Eines ist jedoch offensichtlich: Die Augen und Ohren verschließen ist heute nicht mehr möglich. Die Diskussion ist in vollem Gange. Die Autorin von ” Artgerecht ist nur die Freiheit” (und gleichzeitig auch Kolumnistin in der Berliner Zeitung, wo sie sich auch mit Tierrechtsfragen auseinandersetzt) ist der Ansicht, dass Tiere als empfindungsfähige Lebenwesen moralische Rechte genießen. Im Magazin SPIEGEL ONLINE beschreibt dies Maren Keller in ihrer Buchrezension.
Um zur Philosophie zurückzukommen: Da stellt doch auch die große Frage, ob Tiere dann mehr Rechte als Pflanzen haben? Und (ab) wann ist ein Verhalten “wider der Natur”?
Wie so oft im Leben ist es also eine Frage des “wie?”!
Wie geht die Landwirtschaft denn mit den Pflanzen um? Wir haben ja hier auch eine Massenpflanzenhaltung und Genpflanzen mit inzwischen mutierten Superunkräutern auf den Feldern.
Und Pflanzen können auch “fühlen” – wenn auch ganz anders als wir Menschen oder Tiere.
Vielleicht erhalten wir dann eine Antwort,
wenn wir uns fragen, was wider der Natur ist?
Auch unser hektisches Leben in einer Großstadt, mit schlechter Luft, zu wenig Bewegung, mitten im Elektrosmog mit miesepetrigen Menschen in der U-Bahn ist wider der Natur! Aber mit etwas muss man den Anfang machen…
Die Autorin will mit ihrem Buch all diese Fragen und noch viel mehr beantworten und in jedem Fall in den Raum stellen – zum Nachdenken!
Quelle:
www.spiegel.de/kultur/literatur
Der Buchtipp der Redaktion:
Tierquälerei ist schwer erträglich. Trotzdem lassen wir es stillschweigend zu, dass unzählige Tiere in Versuchslaboren gequält und in Mastställen und Schlachthöfen angeblich “artgerecht” misshandelt werden, weil wir uns ein Leben ohne “tierische Produkte” nicht vorstellen können.
Wem dieser Widerspruch keine Ruhe lässt, der sollte Hilal Sezgins Augen öffnendes Buch lesen. Sie geht der Frage nach, ob wir Tiere im medizinischen Interesse malträtieren und ob wir sie einsperren, töten und essen dürfen. In einer lebhaften Auseinandersetzung mit anderen (tier-)ethischen Positionen plädiert sie dafür, Tiere als Individuen mit eigenen Rechten anzuerkennen – auch in unserem eigenen Interesse.
Am Ende dieser engagierten Tierethik steht die Vision einer Menschheit, die sich die Erde gerecht mit anderen Tieren teilen kann. Eine fulminant geschriebene Einladung zum Umdenken, der man sich nur schwer entziehen kann.
Artgerecht ist nur die Freiheit
ISBN 9783406659041
Sezgin, Hilal
Verlag Beck