Während in Deutschland und dem Rest der Welt der Fokus auf E-Mobilität gesetzt wird, geht China eine völlig andere Richtung: Wasserstoff soll die Zukunft der Mobiltät bestimmen.
Der neue Fokus: Wasserstoff
Die E-Mobilität war ein Lieblingsprojekt der Planungskommission in China. Doch die hat schon länger nicht mehr viel zu sagen. Das Medium „China Daily News“ berichtet über eine neue Strategie: Schon bald sollen vier Wasserstoff-Korridore eingerichtet werden – ganz nach japanischem und kalifornischem Vorbild. Einige Regionen sind sogar noch ambitionierter: Allein im Jangtsekiang-Flussdelta sollen bis 2030 stolze 20 Wasserstoff-Korridore entstehen.
China besitzt beim Wasserstoffauto trotz des Spätstarts große Vorteile: eigene Ressourcen und die Größe des Marktes.
Unabhängigkeit der Energie- und Rohstoffversorgung
Insbesondere Methanol, Wasserstoff und verbrauchsarme Benziner gewinnen an Bedeutung. Schlußendlich steht im Zentrum der chinesischen Politik die Unabhängigkeit der Energie- und Rohstoffversorgung, welche durch den Handelskrieg weiter manifestiert wurde. China gewinnt den Großteil seiner Energie aus Kohle, die im eigenen Land verfügbar ist. Künftig soll Methanol aus Kohlevergasung entstehen und in Kombination mit Elektrolyse zur Gewinnung von Wasserstoff und E-Fuels genutzt werden. Somit könnte man die im Land vorhandenen Rohstoffe zum eigenen Vorteil nutzen.
Bei der Produktion von reinen E-Autos würde sich die Abhängigkeit lediglich verlagern, da China Rohstoffe für Batterien importieren muss.
Subventionen fließen anstatt in Elektroautos jetzt in die Wasserstoff-Brennstoffzelle
Staatliche Subventionen werden anstatt in Elektroautos nunmehr in die Entwicklung der Wasserstoff-Brennstoffzelle gesteckt. Die seien sauberer und effizienter als Fahrzeuge, deren Energie aus Lithium-Ionen-Batterien kommt. Die EV-Industrie werde schon bald die „grausame Realität“ finanzieller Einbußen erleben, so die Webseite „China Daily Mail“
Ende März hatten das chinesische Finanzministerium sowie das Ministerium für Wissenschaft und Technologie die Subventionen für batteriebetriebene Elektroautos um zwei Drittel gekürzt. Um überhaupt in den Genuss von Subventionen zu kommen, muss die Reichweite nunmehr 250 statt bislang 150 Kilometer betragen. Die Subventionen für Elektroautos mit hoher Reichweite – das bedeutet 400 Kilometer und mehr – werden um die Hälfte gekürzt. Und sehr bald, nämlich ab 2020, wird die Förderung komplett auf null gefahren.
Akkus für die Stadt, Wasserstoff für die Langstrecke
Weniger extrem in seiner Prognose ist Wan Gang, ein ehemaliger leitender Audi-Entwickler und Antriebsexperte, er hat als Minister für Wissenschaft und Technologie maßgeblich für Chinas Fokus auf Elektromobilität gesorgt. Die Volksrepublik gilt als größter Fahrzeugmarkt des nächsten Jahrzehnts, Hersteller weltweit setzen daher verstärkt auf Elektrotechnik. In einem Interview mit Bloomberg erklärt Wan, dass China Brennstoffzellen-Technik, bei der mit Hilfe von Wasserstoff Energie für den E-Antrieb erzeugt wird, ähnlich intensiv wie Batterie-Fahrzeuge unterstützen will.
„Wir sollten uns darum bemühen, eine Wasserstoff-Gesellschaft zu etablieren“, sagte Wan im Gespräch mit Bloomberg. Der 66-Jährige ist mittlerweile stellvertretender Vorsitzender des nationalen Beratungsgremiums für Politikgestaltung in China, er hat dadurch großen Einfluss auf die Zukunft des Landes. „Wir müssen uns weiter in Richtung Brennstoffzellen bewegen“, betonte er.
Wasserstoff-Systeme für den Automobilsektor werden derzeit insbesondere von dem japanischen Autogiganten Toyota und der koreanischen Auto-Allianz Hyundai-Kia vorangetrieben. Auch einige deutsche Hersteller arbeiten an Wasserstoff-Fahrzeugen, im Fokus der Branche stehen derzeit aber Batterie-Modelle. Die Tanks von wasserstoffbetriebenen Fahrzeugen lassen sich zwar deutlich schneller auffüllen als Akkus, die Technik ist jedoch komplex und teuer, außerdem fehlt es an der nötigen Infrastruktur.
China glaubt trotz der Herausforderungen von Wasserstoff-Antrieben, dass diese zukünftig eine zentrale Rolle spielen werden. Nach Wans Vision werden Batterie-Elektroautos den innerstädtischen Verkehr dominieren. Busse und Trucks für den Transport von Menschen und Gütern auf längeren Strecken werden dagegen mit Brennstoffzellen für Wasserstoff angetrieben sein.
„Wir werden die Faktoren aus der Welt schaffen, die die Entwicklung von Brennstoffzellen-Fahrzeugen gehemmt haben“, sagte Wan. China schließt sich damit auf sein Betreiben hin den Plänen der Regierung Japans an, bei der Wasserstoff-Mobilität schon länger ganz oben auf der Agenda steht. Japan will 2020 mit einem Großaufgebot wasserstoff-elektrischer Fahrzeuge von Toyota bei den Olympischen Sommerspielen in Tokio die Alltagstauglichkeit der Technologie belegen.
Die Politik geht in eine neue Richtung
Laut China Daily Mail hat sich das Denken von Premierminister Li Keqiang im Zuge einer Japanreise fundamental geändert. Dort hat er sich über die Fortschritte bei der Brennstoffzelle informiert. Besonders hat Li beeindruckt, dass sich ein wasserstoffbetriebener Toyota Mirai in nur wenigen Minuten auftanken lässt.
Jetzt handelt die Regierung: Bis 2030 sollen nach jüngsten Plänen der chinesischen Behörden eine Millionen Wasserstoff-Autos auf die Straße kommen.
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