Die Partei „Menschliche Welt“ setzt auf Spiritualität und Meditation um in den Bundestag gewählt zu werden. Sie sieht Mediation als Weg in eine friedliche und glückliche Welt. Die Bild-Zeitung nimmt es mit Humor und Parteivorsitzender Dada Madhuvidyananda meint es ernst und will das Mitgefühl “führender Politiker” schulen. Was ist dran an der Partei, die es in drei Bundesländern auf die Wahlzettel geschafft hat?
Was, wenn es die Formel gäbe, die Welt zu retten? Was, wenn jeder von uns dazu beitragen könnte?
Wir wollen Verantwortung übernehmen!
Nachdem sie erstmals bei den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Berlin 2016 angetreten war, steht sie jetzt auf dem Wahlzettel zur Bundestagswahl – die Partei „Menschliche Welt“. Es ist eine kleine und wachsende Partei. Die „Menschliche Welt“ wurde am 08. September 2013 mit 12 Mitgliedern gegründet und hat mittlerweile mehr als 520 Mitglieder in ganz Deutschland, hat sechs Landesverbände (Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Bremen, Hessen und Niedersachsen) und tritt bei der Bundestagswahl mit drei Landeslisten (Baden-Württemberg, Bremen und Berlin) an.
„Wir meinen es ernst und wollen Verantwortung übernehmen“,
sagt Dada Madhuvidyananda und macht deutlich, dass es sich bei der „Menschlichen Welt“ nicht um eine Spaßpartei handelt. Sein Name Dada hat auch nichts mit Dadaismus zu tun, der Name ist Sanskrit und wurde ihm von seinem „spirituellen Meister“ 1985 verliehen. Seither trägt er stets die orangefarbene Mönchskutte mit Turban und hat seinen bürgerlichen Namen Michael Moritz mit seiner westlichen Kleidung abgelegt. Seit Jahren engagiert sich Dada Madhuvidyananda weltweit da, wo Not am Mann ist: 26 Jahre lebte er im Ausland, lehrte nicht nur Yoga. Er gründete in Albanien eine Hilfsorganisation, leitete im Bosnienkrieg ein Flüchtlingsheim in Zagreb, flog als Erdbeben-Nothelfer in den Irak.
Meditation als Weg aus der Welt-Krise
„Menschliche Welt“ ist eine ganzheitliche Bewegung und politische Vereinigung für das Wohl und Glücklich-Sein aller.“
Spiritualität steht im Mittelpunkt der Partei „Menschliche Welt“, konkret Meditation. Dada Madhuvidyananda sagt:
„Die Welt befindet sich in einer ernsthaften Krise. Diese Krise zu lösen ist kein Kinderspiel. Dazu bedarf es unserer Ansicht nach ethischer, selbstloser und kompetenter Menschen, die sich dem Allgemeinwohl widmen, die die Menschen über alles lieben. Selbstlosigkeit muss aber geschult und praktiziert werden.“ Ein Weg dahin sei Meditation – ein Bestandteil des Yoga –, was Mitgefühl und ethisches Verhalten fördere. Und genau das bräuchten die „politisch Führenden“, sagt der Parteivorsitzende.
Das Wahlprogramm der „Menschlichen Welt“
Die „Menschliche Welt“ setzt sich für ein bedingungsloses Grundeinkommen ein und will die Ausgaben für Rüstung auf ein Minimum reduzieren. Die Bundeswehr soll nur im Verteidigungsfall eingesetzt werden dürfen. Auslandseinsätze gäbe es keine mehr.
Eine „vernünftige Vermögens- und Erbschaftssteuer“, eine dezentrale regionale Wirtschaft, Genossenschaften sollen gefördert werden. Handelsabkommen gibt es keine. Die Grundidee der Europäischen Union wird von der Partei unterstützt, jedoch sieht sie Bedarf soll die EU stark reformiert werden. Die Partei steht zudem für erneuerbare Energie, nachhaltige Landwirtschaft, Elektromobilität und ist gegen Massentierhaltung, die einen großen Beitrag zur Erderwärmung leistet. Bildung soll nicht mehr Länder-, sondern Bundessache sein und politikfern von sogenannten Bildungsräten, einem Expertengremium, organisiert werden.
Dies sind nur einige Punkte aus dem umfangreichen Wahlprogramm der „Menschlichen Welt“.
Was, wenn es die Formel gäbe, die Welt zu retten? Was, wenn jeder von uns dazu beitragen könnte?
Zu schön, um wahr zu sein?
„Mit Hippie-Parolen kommt die Partei „Menschliche Welt“ daher und möchte die Welt ins Gleichgewicht bringen. Im Grundsatzprogramm will sie eine neue, bessere Welt erschaffen, in der „alle Menschen ihre körperlichen, geistigen und spirituellen Potentiale frei entfalten können“.
Gleichzeitig erfahren wir, was die Parteimitglieder in ihrer Freizeit machen. „Wir praktizieren Meditation, Yoga und ähnliche Methoden der Selbstverwirklichung und bieten Interessenten an, diese bei uns zu lernen“, heißt es auf der Website.
Partei oder Yoga-Schule? Vielleicht könnte die „Menschliche Welt“ etwas spirituelle Entspannung in hitzige Bundestagsdebatten bringen.“
Mit diesen Worten beschreibt die „Bild-Zeitung“ die Partei „Menschliche Welt“. Und obwohl die Bild-Zeitung seit 2009 einen starken Auflagenrückgang erfährt gilt sie noch immer als die Auflagenstärkste Zeitung Deutschlands.
Was, wenn es die Formel gäbe, die Welt zu retten? Was, wenn jeder von uns dazu beitragen könnte?
Und verständlich ist es. Ein lächelnder Yoga Mönch auf Wahlplakaten? – Für viele ist das gewöhnungsbedürftig. Das kann auch Dada Madhuvidyananda sehr gut nachvollziehen:
“… deswegen bin ich auch jetzt nicht der Kandidat. Das sind ganz normale Menschen, die im Callcenter arbeiten oder die am Flughafen arbeiten oder die Lehrer sind und so weiter.”
Er selbst sieht sich als Mentor und spiritueller Coach der Parteibewegung.
Dennoch wirkt das Gesamtbild der Partei auf den ersten Blick “gut gemeint”, doch zu schön, um wahr zu sein. Liebevoll lächelnde Menschen blicken mich auf der Startseite an und ich frage mich: Sind sie einem Erdogan, Trump oder Kim gewachsen? Und ich erinnere mich an eine weitere spirituelle Partei: Anfangs nannten sie sich die Violetten, dann Spirituelle Partei Deutschlands. Heute ist sie von den Wahlzetteln verschwunden. Auch dort waren liebevolle Menschen am Werk, die es sich zur Aufgabe gemacht hatten, die Welt zu einem besseren Ort zu machen.
Meditation kann vieles bewirken, doch braucht es auch Durchsetzungskraft, diplomatiosches Geschick, rasche Entscheidungsfähigkeit und noch einiges mehr, bis die Weltbühne soweit ist, ihre Entscheidungen auf Basis von Verbundenheit und tiefer Stille zu treffen.
Ob die Partei „Menschliche Welt“ die Voraussetzungen mitbringt ihr Wahlprogramm umzusetzen sei dahingestellt – doch wie viele Parteien gibt es, die ein schönes Wahlprogramm haben und nichts davon umsetzen (können)? Warum es also nicht einmal versuchen und ihnen eine Chance auf Sitze im Bundestag geben? Denn so oder so – ganz sicher täte auch den meisten Politikern eine ganzheitliche Sichtweise, eine Portion Mitgefühl und ethisches Handeln gut – und es wäre sinnvoll, wenn sie daran erinnert werden, auch wenn es für viele Menschen auf den ersten Blick lächerlich wirken mag. Das wirkten die Grünen 1983 mit ihrem strickenden Einzug in den Bundestag auch.
Wahlkampftour
Der Partei „Menschliche Welt“ ist nicht weltfremd. Ihr ist klar, dass sie kaum eine Chance haben dieses Jahr im Bundestag einzuziehen, doch mittlerweile bekommt die kleine Partei eine große mediale Aufmerksamkeit. ARD und das ZDF drehten im Ashram, Dada Madhuvidyananda gab Interviews der „Welt am Sonntag“, „Deutschlandfunk Kultur“, der Tageszeitung „taz“ und vielen weiteren Medien.
Bei der Bundestagswahl rechnet die Partei mit 10 000 bis 15 000 Stimmen.
Wer sich selber ein Bild über die Partei machen möchte: Zurzeit ist Dada Madhuvidyananda auf Wahlkampftour in ganz Deutschland unterwegs. In der Region hängen schon die orangefarbenen Plakate. Abschlussveranstaltung der Wahlkampagne ist in Ravensburg: Am Samstag, 23. September, um 12 Uhr auf dem Holzmarkt, um 13 Uhr gibt es dann eine Friedensmeditation.
PS: 2019 will die „Menschliche Welt“ bei der Europawahl antreten.
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Quellen:
http://menschlichewelt.de/wahlprogramm
http://www.bild.de/politik/inland/bundestagswahl2017/kuriose-parteien-52802004.bild.html