Wir alle haben einen einzigartigen Eindruck von allem, was wir wahrnehmen. Das liegt daran, dass die Sicht von jedem anders ist. Denn wir kommen als einzigartige, individuelle Wesen in ein Leben, das dann auch auf eine bestimmte Weise beeinflusst wird. Der Fluss des Lebens nimmt unterwegs vieles auf.
Hier möchte Melanie Ackermann einige Sichtweisen auf die vielen verschiedenen Möglichkeiten, etwas zu betrachten, beleuchten. Doch es gibt – natürlich – noch unendlich mehr.
Ein Gastbeitrag der Buchautorin.
Buchtipp: Das blaue Buch der Weisheit
Inspirationen aus der Himmelsfeder
Von Melanie Ackermann
Aus vielen Blickrichtungen
Nehmen wir zur Veranschaulichung ein Stück Torte. Jemand sieht vielleicht oben den – wie er meint – Nougatguss. Doch möglicherweise ist es gar kein Nougatguss, sondern eine Kakao-Mandel Mischung? Die kennt er gar nicht, sondern nur Nougatguss. Also muss es ja wohl Nougat sein und Punkt. Auch hat dieser jemand keinen Blick für die weiteren, tieferen Schichten des Tortenstücks, denn er schaut nur auf die obere Schicht. Doch da sind noch Creme- und Teigschichten, sowie unten ein etwas festerer Boden. Ein anderer wiederum sieht vielleicht nur den Boden, weil er Mürbeteig so liebt.
Und eventuell sieht niemand die Nüsse, die innerhalb der Torte enthalten sind. Und doch sind sie da, nur sind sie mit anderen Sinnen zu „sehen“.
Könnte es auch vorstellbar sein, das Stück Torte wahrzunehmen als eben das, was es ist – ein Stück Torte mit mehreren Schichten? Muss jeder alles sehen? Ist das notwendig? Oder könnten alle ihren Eindruck zusammentragen, ihr Wissen und ihr Sichtfeld erweitern und bereichern? Im Sinne von „Ah, du siehst die Creme, ich sehe das nicht, doch ich spüre ganz viele Nüsse innen.“
Buchtipp: Das blaue Buch der Weisheit
Inspirationen aus der Himmelsfeder
Von Melanie Ackermann
Erfahrungswege
Wir machen einfach – wenn auch nicht immer einfache – Erfahrungen. Jedes Wesen mit seiner eigenen Sichtweise. Die Weite und Tiefe der Sicht potenziert sich im Laufe des Lebens Stück für Stück (oder Tortenstück für Tortenstück). Ob dies leicht ist oder schwer, das ist die individuelle Erfahrung und der individuelle Weg jedes Einzelnen.
So laufen wir alle mal mehr, mal weniger munter durch unser Leben, über Stock und Stein, mal durch einen Bach, oder wir treiben für eine Weile im Meer umher. Wir begegnen vielen anderen Wanderern unterwegs. Und manchmal wollen wir ihnen von unserer Sichtweise erzählen, darüber, was und wie wir etwas sehen. Mitunter zaubern wir einen Hut hervor, einen Hut unserer individuellen Sichtweise und versuchen, ihn dem anderen aufzusetzen. Der wird aber damit wahrscheinlich nichts mehr sehen und von seinem Weg abkommen. Keine gute Idee.
Loslassen
Oder wir sehen jemanden seines Weges gehen, der geradewegs auf einen Sturm zu läuft. Aufgrund unserer individuellen Sichtweise können wir den Sturm sehen, der sich da hinten am Himmel zusammenbraut. Doch derjenige sieht nur die Blumen, die direkt vor ihm auf der Wiese stehen. Und wiederum jemand anderes sieht die wunderbar prächtigen Blumen, die erst hinter dem Sturm auftauchen werden.
Wie auch immer, es ist wie mit dem Stück Torte. Und wir können noch soviel auf den Himmel zeigen, wenn derjenige den Sturm nicht sehen will oder kann, kann er ihn eben nicht sehen. Und wenn er dorthin weitergehen will – und vor allem – es sein Weg ist, sollten wir loslassen.
Das ist wohl auch eine der großen Herausforderungen in dieser Zeit. Denn nur wenn wir loslassen, sind auch wir wirklich frei, unseren eigenen Weg zu gehen.
Und nebenbei gesagt, ein Sturm kann zwar unangenehm sein, aber durchaus auch reinigend und klärend.

Melanie Ackermann schreibt in Artikeln, Gedichten und Geschichten über Sichtbares und Unsichtbares. Sie veröffentlicht ihre Texte auf ihrer Homepage, in Print- und Onlinemagazinen und hat ihr erstes Buch „Das blaue Buch der Weisheit – Inspirationen aus der Himmelsfeder“ veröffentlicht.
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Von Melanie Ackermann