Während die EU noch an verpflichtenden Recyclingquoten* für die Mitgliedsstaaten bis ins Jahr 2025 schraubt, wurden diese in einigen Ländern längst festgelegt. Vorreiter Ruanda hat sogar eine Plastik-Polizei – doch zeigt sich, wichtiger als Verbote ist ein Bewusstseinswandel.
Nicht gegen Plastik, sondern für unsere Umwelt
Wusstest du, dass der erste Kunststoff bereit im Jahr 1870 entwickelt wurde? Grund war die Suche nach einem Ersatzmaterial für die Herstellung von Billardkugeln, die bis dahin aus Elfenbein gefertigt wurden. 1884 wurde dann eine erste Kunstfaser entwickelt und 1936 kamen die ersten Haushaltswaren und Spielzeuge aus Kunststoff auf den Markt. Heute ist Plastik aus unserem Leben kaum noch wegzudenken.
Was mit einer guten Absicht begann hat sich zu einem weltweiten Problem entwickelt. Nicht der Kunststoff an sich ist das Problem, sondern unser gedankenloser, kurzsichtiger Umgang mit selbigen. Wer bis dato gerne die Augen schloss und die daraus resultierenden Probleme ignorierte, dem gelingt dies, angesichts verschmutzter Weltmeere, zugemüllter Strände, Straßen und Parks, nur noch bedingt bis gar nicht mehr. Immer mehr Menschen wird bewusst, dass wir zu viel Plastikmüll produzieren. Weltweit muss deshalb ein Umdenken stattfinden, um den Kunststoff-Irrsinn in den Griff zu bekommen. Nicht nur bei Verbrauchern, auch bei Herstellern. Nicht gegen Plastik, sondern für unsere Umwelt. Und dabei ist nicht nur die Produktion von Plastik gemeint, sondern auch die Entsorgung.
Es gibt bereits einige Vorreiter, die uns zeigen, wie es gehen könnte. Ganz vorne mit dabei ist Ruanda.
Ruanda: Pionier in Sachen Kunststoffvermeidung
Ruanda hat die Plastikverpackungen jeglicher Art bereits vor rund zehn Jahren verboten – und setzt das Gesetz seitdem auch rigoros durch. Wer erwischt wird, muss mit Geldstrafen und bis zu zwölf Monaten Gefängnis rechnen. Selbst bei der Einreise ins Land wird genau hingeschaut: Eingeführte Plastikverpackungen werden vom Zoll sofort beschlagnahmt. Unternehmen dürfen nur mit einer Sondergenehmigung und teuren Gebühren noch ab und an auf die umweltschädliche Transportmöglichkeit zurückgreifen. Unternehmer, die illegal Plastikverpackungen nutzen, landen auch schon mal für einige Monate im Gefängnis. Dadurch zählt die Hauptstadt Kigali mittlerweile zur saubersten Stadt in ganz Afrika.
Plastikverbot in Ruanda – ein Kurzbericht auf YouTube
In Ruanda sind seit 2008 Plastikverpackungen im ganzen Land verboten. Seitdem ist es illegal, Polyethylentüten herzustellen, zu importieren, zu verkaufen oder zu benutzen. Seit dem Verbot gilt Kigali als sauberste Hauptstadt Afrikas. Kein Abfall am Straßenrand, keine wilden Müllkippen.
Doch das Land geht im Kampf gegen die Vermüllung noch weiter – und räumt einmal im Monat gemeinsam auf. Eine Art nationaler Kehrtag, an dem alle 12 Millionen Einwohner Ruandas aufgerufen sind, die Straßen sauber zu machen, herumliegenden Müll zu sammeln und zu entsorgen. Ausreden gibt es dabei kaum: Selbst Geschäfte bleiben an diesem letzten Samstag im Monat geschlossen.
Kenia verabschiedete das schärfste Anti-Plastik-Gesetz weltweit
Noch entschlossener greift Kenia durch: Ende 2017 verabschiedete Kenia das schärfste Anti-Plastik-Gesetz der Welt mit Strafen von bis zu 40.000 Dollar, umgerechnet rund 32.000 Euro, sowie bis zu vier Jahren Haft.
Damit versucht die Regierung die Allgegenwärtigkeit der Plastiktüte im Land zu beenden. Sie diente in Kenia lange nicht nur als Einkaufsbegleiter, Verpackung für Speisen, Klamotten und allem anderen, das von A nach B transportiert werden musste, sondern in vielen Slums auch als Toilettenersatz. Als “Flying Toilet” flogen die zugeknoteten Tüten mit den Hinterlassenschaften der Slum-Bewohner hinter die nächste Böschung, den nächsten Zaun, auf Bäume, Straßen und Strände. Dieses rigorose Vorgehen stieß zweifellos nicht bei jedem Bürger auf Verständnis, doch insgesamt ist das strenge Verbot ein Plus für das Land. Nicht, weil der Plastikverbrauch wirklich zurückgegangen wäre. Sondern weil die Menschen sensibler geworden sind und sich bewusster verhalten, um ihre Umwelt sauberer zu halten. Groß angelegte Aufklärungskampagnen sollen dazu beitragen, auch die letzten unverbesserlichen Tütenfans zu überzeugen. Aber auch wenn die letzten Polyethylen-Tüten aus Kenia verschwunden sind, ist das erst der Anfang.
Jamaikas Traumstände nur noch Illusion
Wer heute auf die Karibikinsel Jamaika besucht, schwimmt nicht mehr nur mit Schildkröten und bunten Fischen, sondern zunehmend auch mit zerschlissenen Plastiktüten, Strohhalmen und achtlos weggeworfenen Einwegflaschen. Im vergangenen Jahr hatten Freiwillige allein am nationalen Aktionstag gegen Müll an der Küste nach Angaben der Naturschutzorganisation Jamaica Environment Trust rund 73 Tonnen Plastikmüll gesammelt worden.
Aus diesem Grund hat auch Jamaika der Vermüllung ihrer Strände den Kampf angesagt:
Ab Januar 2019 sind der Gebrauch und die Verbreitung von Plastiktüten, -strohhalmen und -flaschen sowie Styropor-Verpackungen für Essen verboten. Gleichzeitig soll ein Aufklärungsprogramm die Menschen des Karibikstaats über den nachhaltigeren Umgang mit Plastik informieren. Zudem dürfen ab 2021 Tetrapacks keine beigefügten Strohhalme mehr haben.
Rio de Janeiro verbietet Plastikstrohalme für gastronomische Betriebe
Was der gedankenlose Umgang mit Plastikartikeln an beliebten Urlaubszielen anrichten kann, zeigt auch das Beispiel Brasilien. Die Guanabara Bay in Rio de Janeiro ist weltweit als Plastik-Bucht bekannt und auch der vermeintliche Traumstrand an der Copacabana sieht nur noch aus geschickt gewählten Winkeln und mit Photoshop paradiesisch aus.
Herumliegende Plastik-Strohhalme, die Strandbars und Restaurants zu Kokosnuss, Cola und Bier reichen landen nach wenigen Minuten im Sand und von dort viel zu oft im Meer. Seit wenigen Wochen sind die Halme aus Plastik in Rio deshalb verboten. Rio de Janeiro ist damit die erste brasilianische Stadt, die Einwegstrohhalme aus Plastik für gastronomische Betriebe verbietet.
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Italien verschärft das Gesetz für den Einsatz von Plastiktüten, Wattestäbchen und Pflegeprodukten
Die Italiener waren das erste europäische Land, das verbindliche Regelungen für den Einsatz von Plastiktüten festlegte. Zu Jahresbeginn verschärfte die Regierung das Gesetz: Plastikbeutel sind nur noch gegen Gebühr erhältlich und müssen zudem komplett aus kompostierbarem oder recycelbarem Material bestehen.
Gleiches soll ab 2019 auch für Wattestäbchen gelten, die oft gedankenlos in die Toilette geworfen werden und so Grundwasser und Gewässer verunreinigen. Ab 2020 sollen außerdem Pflegeprodukte, die auf dem italienischen Markt erhältlich sind, kein Mikroplastik mehr enthalten dürfen.
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