Schleswig-Holstein will das bedingungslose Grundeinkommen testen: Seit Jahren immer wieder Thema von politischen Debatten: Das Grundeinkommen. Nun will die neue Regierung in Schleswig-Holstein aus CDU, FDP und Grünen das Konzept in einem Probelauf prüfen. Überraschende Unterstützung erfährt die Idee von Wirtschaftgrößen wie Timotheus Höttges, Telekom, Joe Kaeser, Siemens AG, Marc Zuckerberg, Facebook und Tesla Geschäfsführer Elon Musk.
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Schleswig-Holstein als Modellregion
Genauso wie in Finnland, wo das bedingungslose Grundeinkommen auf die Probe gestellt wird, ist auch in Schleswig-Holstein zuerst ein Testlauf geplant. „Ein Grundeinkommen wollen wir regierungsseitig entwickeln und in Schleswig-Holstein als Modellregion erproben“, sagte Vize-Ministerpräsident Robert Habeck (Grüne).
Startet der Testlauf in Schleswig-Holstein, zahlt der Staat jedem Erwerbsfähigen monatlich einen Festbetrag von 1.000 Euro. Dabei ist es egal, ob derjenige arbeitet oder nicht, ob er arbeiten möchte oder nicht. Kinder bekommen die Hälfte dieses Betrags, so das Flensburger Tageblatt. Hartz IV, Kindergeld oder BAföG fallen dafür weg.
Ganz sicher ist der Testlauf jedoch noch nicht. Die FDP spricht sich für ein Bürgergeld aus. Am Konzept des bedingungslosen Grundeinkommens stört sie das „bedingungslos“, FDP-Generalsekretärin Nicola Beer in einem Interview mit Focus-Online erklärt.
„Wir wollen kein Grundeinkommen, vor allem kein bedingungsloses. Wir bringen in das Zukunftslabor in Schleswig-Holstein vielmehr unseren Vorschlag eines Bürgergeldes ein. Damit wollen wir Menschen, die unterhalb einer bestimmten Grenze verdienen, über Zuschüsse so weit unterstützen, dass es zum selbstbestimmten Leben reicht.“
Der Sinneswandel auf politischer Ebene
Seit den 60er Jahren beschäftigt Ökonomen die Debatte um das Grundeinkommen. In den letzten Monaten ist sie neu entflammt. Die Schweizer haben gegen das bedingungslose Grundeinkommen gestimmt, Finnland befindet sich gerade im Testlauf. Was ist der Grund für diesen innovativen Sinneswandel, der fast einem Quantensprung gleichkommt? Drei Gründe kristallisieren sich bei genauer Betrachtung der Welle an Artikeln, Interviews und Beiträgen heraus:
Das bedingungslose Grundeinkommen soll zum einen als eine neue Form der Sicherheit dienen, zum anderen ist auch auf politischer Ebene angekommen, dass die Digitalisierung der Gesellschaft und der Arbeitswelt in naher Zukunft den Arbeitsmarkt drastisch verändern wird. Immer mehr Jobs werden digitalisiert und daher immer mehr Menschen eine andere Einkunftsquelle als die Erwerbsarbeit brauchen. Zudem werden durch den Wegfall von Transferleistungen wie BAföG, Hartz IV und Kindergeld und durch den Abbau der Sozialbürokratie Einsparungen in Milliardenhöhe erwartet.
Grundeinkommen schafft Wertschätzung
Götz Werner, Gründer der DM-Drogeriemarktkette, setzt sich seit Jahren für das bedingungslose Grundeinkommen ein und wird nicht müde in Interviews und Vorträgen zu erklären, worum es ihm bei einer Einführung des Grundeinkommens wirklich geht: dass die Menschen mit der gewonnenen Freiheit Entscheidungen treffen werden, an denen wirklich ihr Herz hängt, wodurch sich das Bewusstsein der Menschen und damit der Gesellschaft ändern und harmonisieren wird.
Seine Argumente: Wer den Job ausübt, auf den er wirklich Lust hat, der arbeitet besser. Und es gehe um Wertschätzung von Berufen. “Die Krankenschwester wird in unserer Gesellschaft einfach zu wenig wertgeschätzt. Dasselbe gilt für die Kindergärtnerin. Wieso zahlen sie jemandem, der ihr Auto wartet, mehr, als jemandem, der ihr Kind betreut? Das ist doch völlig widersinnig. Wir müssen den Wert der Arbeit an der Maschine und der Arbeit am Menschen radikal neu denken”, so Götz Werner im Interview mit “Business Insider”.
Telekom und Siemens für bedingungsloses Grundeinkommen
Die Argumentation von Götz Werner mit in ihre Debatte einzubeziehen, davon scheint die neue Koalition in Schleswig-Holstein noch weit entfernt zu sein. Dessen ungeachtet freuen wir uns, dass die Diskussion um das bedingungslose Grundeinkommen neu entflammt ist und von Seiten unterstützt wird, mit denen vor zwei Jahren noch keiner gerechnet hat: vom Vorstandschef der Deutschen Telekom Timotheus Höttges und dem Vorstandsvorsitzenden der Siemens AG Joe Kaeser. Beide befürworten die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens. Timotheus Höttges kann sich auch eine Finanzierung durch Unternehmenssteuern vorstellen.
“Ein bedingungsloses Grundeinkommen kann eine Grundlage sein, um ein menschenwürdiges Leben zu führen”, sagte Timotheus Höttges der Wochenzeitung “Die Zeit”. Da die Digitalisierung die Gesellschaft und die Arbeitswelt stark verändere, seien “unkonventionelle Lösungen” zum Erhalt der Sozialsysteme nötig. “Es geht um die Frage, wie wir ein faires System für eine Welt von morgen schaffen”, sagte Höttges. Das Grundeinkommen “könnte eine Lösung sein”.
Joe Kaeser, Siemens AG, ist der Ansicht, dass die Gesellschaft, im Hinblick auf die Entwicklung der Digitalisierung und den dadurch entstehenden Verlust von 1,5 Millionen traditioneller Arbeitsplätze bis 2025, dafür sorgen muss,
“dass die Menschen versorgt sind”; die Menschen müssen sehen: “Da ist einer da, der hilft mir.” Deshalb werde “eine Art Grundeinkommen völlig unvermeidlich sein”.
Überraschende Unterstützung aus den USA
Auch Facebook-Vorsitzender Marc Zuckerberg und Tesla-CEO Elon Musk erkennen die Notwendigkeit. Beide sind in guter Gesellschaft: Ebay-Gründer Pierre Omidyar und Sam Altmann, Präsident von Y Combinator befürworten die Einführung ebenso und weisen auf die Dringlichkeit hin. Ihre Begründung: Damit könnten die negativen Effekte der umfassenden Automatisierung abgewehrt werden.
“Menschen werden Zeit haben, andere Dinge zu tun, komplexere Dinge zu tun”, so Elon Musk. “Mit Sicherheit mehr Freizeit. Und dann müssen wir herausfinden, wie wir uns in eine Welt und einer Zukunft mit einer gewaltigen künstlichen Intelligenz integrieren.”
Marc Zuckerberg wurde durch seine Reise nach Alaska in seiner Vision, das bedingungslose Grundeinkommen in allen Staaten der USA einzuführen, bestärkt und verdoppelte seine finanzielle Unterstützung zur Förderung des Konzepts, wie er in einem Post auf Facebook bekannt gab.
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Seit 1982 bekommen die Bewohner des nordwestlichen Bundesstaates Alaska jedes Jahr einen Scheck vom Staatsfonds. Dieser Fonds verfügt über 52 Milliarden US-Dollar und setzt sich aus Einnahmen aus dem Öl-Geschäft zusammen, die der Staat für den Fall sammelt, dass Öl vielleicht bald nicht mehr so lukrativ sein könnte. Es handelt sich bei dieser Zuwendung nicht um ein bedingungsloses Grundeinkommen im eigentlichen Sinn, da der Betrag sich jedes Jahr ändert und geringer ist, als die üblichen Standards der Befürworter. Allerdings handelt es sich dabei aber um die naheliegendste Möglichkeit eines Einkommensexperiments, da es “mithilfe von natürlichen Ressourcen finanziert wird und nicht aus steigenden Steuern“. Die Herangehensweise des Staates Alaska stellt “möglicherweise eine Lektion für das restliche Land” dar.
Weitere unermüdliche Befürworter
Auch Dr. Gerald Hüther und der bekannte Philosoph Richard David Precht werden nicht müde immer wieder darauf hinzuweisen, dass die Zeit, das bedingungslose Grundeinkommen einzuführen, gekommen ist.
Eine endgültige Antwort auf die anstehenden gesellschaftliche Veränderungen wird das bedingungslose Grundeinkommen vielleicht nicht sein. Doch, je nach Umsetzungskonzept, wird es eine angemessene Übergangslösung sein, die hoffentlich viele Menschen nutzen werden, um ihr Leben immer mehr so zu gestalten, wie es ihren Gaben, Talenten und Fähigkeiten entspricht.
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