„Das ist eine andere Generation, das muss man nicht verstehen.“ Ein Satz, den bestimmt jeder von uns schon einmal in seinem Leben gehört hat. Sei es von den Eltern oder man hat ihn vielleicht selbst auf die jüngere Generation angewendet. Aber ist es wirklich so? Können wir die „Anderen“ nicht verstehen, nur weil sie jünger oder älter sind? Wir haben uns dieser Frage angenommen und wollen mit Vorurteilen und Missverständnissen aufräumen.
Die Generationen und ihre Eigenschaften im Überblick
Da einige sich vielleicht noch nicht so ausgiebig mit unseren Generationen auseinandergesetzt haben, wollen wir zunächst eine kleine Übersicht schaffen, damit auch jeder weiß, wo er eigentlich hingehört, ;-). Wenn Du das schon weißt, kannst Du diesen Teil gerne überspringen.
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Generation Silent – die stille Generation 1928 bis 1945
Die sogenannte „stille“ Generation oder auch „Weltkriegsgeneration“ bewegt sich mittlerweile eher im Hintergrund des gesamten Geschehens. Diese Menschen sind oft der Auffassung, ihren Soll erfüllt zu haben, weshalb sie sich nun zurücklehnen können, um das Feld den Jüngeren zu überlassen. Diese Generation wurde durch den Krieg geprägt und sah aufgrund der Gegebenheiten eine ungewisse Zukunft vor sich. Die Bezeichnung „silence“ Generation beruht auf der Tatsache, dass diese Menschen eher dazu tendierten und tendieren, Angst davor zu haben, Probleme und bestimmte Gedanken offen anzusprechen. Das Verhalten dieser Generation neigt dazu, keine Risiken einzugehen, hart zu arbeiten und immer auf Nummer sicherzugehen. Daher wird die stille Generation aber auch als eine aktive, anpackende Generation beschrieben, welche gelernt hat, das Beste aus jeder Situation zu machen.
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Generation Boomer – die Baby-Boomer 1945 bis 1964
Das bist mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit Du oder Deine Eltern. Aufgewachsen in der Hippie-Zeit, in der Woodstock das Maß aller musikalischen Ausschweifungen war, ist diese Generation die, welche vom wirtschaftlichen Aufschwung mit hohen Wachstumsraten profitierte. Aber auch der Beginn der Friedensbewegung und die Umweltbewegung fallen in diese Zeit. Laut Statistik ist die Generation Boomer die Generation mit der höchsten Geburtenzahl, welche aber durch den Beginn der Antibabypille einbrachen.
Laut Soziologen sind die Boomer eine glückliche Generation mit dem Lebensmotto „Leben und leben lassen“.
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Generation X – die „Slacker“ 1965 bis 1980
Zwar tauchte der Begriff der Generation X bereits Mitte der 50er-Jahre auf, wurde aber separiert von der Boomer-Generation verwendet, da sie die Ersten sind, die ohne Kriegseinwirkung aufwuchsen. Diese Generation wurde außerdem erstmals durch einen großen technischen Fortschritt, den Ausbau des Umweltschutzes, aber auch Umweltkatastrophen (Ozonloch, Tschernobyl), Integrationsprozessen der EU, Konjunkturkrisen und einer wachsenden Arbeitslosigkeit sowie steigenden Scheidungsraten und Doppelverdiener (der Eltern) geprägt. Die Arbeit ist ein zentraler Lebensinhalt dieser Generation. Begleitet von alternativen, individuellen Lebensentwürfe und der Work-Life-Balance. Im selben Zug herrscht in dieser Generation eine große Orientierungslosigkeit.
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Generation Y – die Millennials 1981–1996
Das sind dann mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit Deine Kinder oder Du selbst ;-). Die Millennials oder auch „Me“ genannt, sind in einer Multioptionsgesellschaft aufgewachsen. Geprägt sind diese jungen Leute durch die Terroranschläge 9/11, eine hohe Jugendarbeitslosigkeit und durch einen hohen Anteil an Unsicherheit. Diese Umstände haben ihnen auch die Begrifflichkeit der Generation „Why“ eingebracht. Denn sie sind es, die anfingen, die Dinge zu hinterfragen und nicht einfach alles so hinzunehmen, wie es ihnen auf den Teller gelegt wird. Unsicherheit steht hier ganz vorne in der Reihe und anstelle von Status und Prestige stehen hier die Freude an der Arbeit, Freiräume, Selbstverwirklichung und viel Freizeit im Vordergrund. Darüber hinaus ist die Generation Y die erste Generation von Digital Natives, also übersetzt „digitaler Eingeborener“. Die Millennials sind mit der Digitalisierung aufgewachsen, enorm technikaffine und gut ausgebildet. Außerdem arbeiten sie am liebsten in Teams mit flachen Hierarchien.
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Generation Z – die Individualisten 1997–2009
Nochmal mehr zeigt sich in der Generation Z die Affinität bezüglich der Technik und vor allem dem Internet. Auch sie sind Digital Natives und im Gegensatz zu den Millennials vollständig mit der Digitalisierung aufgewachsen. Das Smartphone wurde ihnen also buchstäblich in die Wiege gelegt. Soziale Netzwerke dominieren den Alltag und werden ohne Rücksichtnahme auf die eigene Privatsphäre genutzt. Die Generation Z konzentriert sich nur auf ihre Ziele und legt großen Wert darauf, das zu tun, was ihnen Spaß macht. Auf dem Arbeitsmarkt haben sie daher große Schwierigkeiten, sich einer klaren Struktur zu unterwerfen. Auffallend an dieser Generation ist die Anziehung zum eigenen Smartphone. So können wir in dieser Personengruppe enorm viele „Smombie’s“, also Leute, die ständig nur an ihrem Smartphone hängen, finden. Für Berufseinsteiger in den Zeiten der Covid-19-Pandemie gibt es darüber hinaus die Bezeichnung „Generation Lockdown“.
Intergeneratives Lernen – eine der ältesten Lernformen der Menschheit
Warum es so wichtig ist, sich mit den verschiedenen Generationen auseinanderzusetzen, wollen wir in diesem Abschnitt beleuchten. Denn leider kommt es viel zu häufig vor, dass sich innerhalb der Generation Grüppchen bilden, die voneinander nicht viel wissen wollen, außer der Tatsache, dass sie vielleicht miteinander verwandt sind. Das intergenerative Lernen jedoch ist ein enorm wichtiges Unterfangen, wenn es um Entwicklung geht. Dabei geht es gar nicht nur so sehr darum, dass die Jüngeren von den Älteren lernen. Nein, auch die jungen Generationen haben Ansätze, an welchen sich die Älteren ruhig eine Scheibe abschneiden können. Es sollte ein Umfeld geschaffen werden, in welchem ein gleichberechtigtes, wechselseitiges Lernen der verschiedenen Generationen mit-, von- und übereinander möglich ist. Intergeneratives Lernen bedeutet also die Weitergabe von Wissen und Können, von Kultur und von Werten, aber eben anders als früher, nicht mehr in einer Lehrer-Schüler-Relation. Wichtig vor allem für die Älteren unter uns ist es, sich von altertümlichen hierarchischen Mustern zu trennen. Denn vor allem in Zeiten des Internets ist es längst nicht mehr so, dass die jungen Menschen keinen Zugang zu Wissen haben. Im Gegenteil, die Bibliothek befindet sich immer in der Hosentasche und wird auch genutzt. Oft sogar mehr als von den Älteren.
„…es geht um das Verstehen anderer Generationen und deren Deutungsmustern. Das ungleichgewichtige Verhältnis von Wissenserwerb und Wissensweitergabe kann heute nicht mehr gelten, denn Generationen lernen voneinander wechselseitig.“
Sagt Rudolf Tippelt, Professor für allgemeine Pädagogik und Bildungsforschung an der Ludwig-Maximilians-Universität München in einem Interview der Zeitschrift Weiterbildung. Soziologisch betrachtet bedeutet das, dass soziale Gruppen und einzelne Individuen durch empathische Fähigkeiten dazu in der Lage sind sich die Orientierungsmuster und Anschauungen der jeweils anderen Generationen zu vergegenwärtigen und sich die Frage zu stellen, warum derjenige so denkt. Was treibt ihn an und welche Umstände könnte zu dieser Denkweise führen oder geführt haben? Die pädagogische Facette des intergenerativen Lernens hingegen ist laut Rudolf Tippelt durch die verschiedenen Zugänge auf die andere Generation geprägt. Man lernt voneinander, miteinander und man kann auch übereinander lernen.
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Beim voneinander Lernen geht es vor allem darum, Wissen und können an andere Generationen weiterzugeben und eben nicht nur von alt zu jung. Vor allem im Zeitalter der Technologie und Digitalisierung können Ältere sehr viel von den Jungen lernen. Aber nicht nur auf technologischer Basis. Auch die Werte, der jüngeren, sagen viel über die Generation aus. Gleichwertigkeit, Toleranz und Empathie stehen hier ganz oben auf der Liste. Aber auch der Schutz unserer Umwelt, das Einsparen von Plastik und anderen schädlichen Stoffen liegt den Jungen am Herzen. Keiner möchte behaupten, dass dies nicht auch im Interesse der Älteren liegt. Dennoch ist das Bewusstsein für solche Themen schon fest in den Köpfen der Jugend verankert, nachdem ein Teil der Boomer den Grundbaustein gelegt hat. Viele der Älteren lassen sich jedoch nicht so einfach von ihren alten Gewohnheiten abbringen und belächeln den Aktivismus der Jugend lieber, anstatt sich der Ansichten zu anzunehmen.
Die Bedeutung intergenerativen Lernens für die Persönlichkeitsbildung
Diese Art und Weise des aufeinander Zugehens ist enorm wichtig für die persönliche Entwicklung auf allen Seiten. So hat das intergenerative Lernen einen erheblichen Einfluss auf die Persönlichkeitsbildung, da sowohl soziale als auch emotionale Kompetenzen gefördert werden. Aber auch die motivationale Kompetenz und die Lernkompetenz werden so angeregt. Auf diesen Weg werden besondere Werte angesprochen, wie etwa der Mut zur Auseinandersetzung, Gerechtigkeit zwischen unterschiedlichen sozialen Gruppen, die Fähigkeit zur Relativierung eigener Auffassungen, Fairness und Teamfähigkeit. Und das führt letztlich dazu, dass der Einzelne sein Verhalten und seine Interessen so formuliert, dass die Perspektive des anderen hier verstehend miteinbezogen wird.
Jeder Einzelne von uns ist mittels intergenerativen Lernens in der Lage, die Fähigkeit für Offenheit, Toleranz und Empathie zu entwickeln, aber auch dazu zustehen, seine eigenen, manchmal auch kritischen anderen Auffassungen zu vertreten. Diese Art des Zusammenlebens mit anderen Generationen mag für den einen oder anderen gewöhnungsbedürftig sein. War es doch bisher eher so, dass die Alten ihre Erfahrungen an die Jüngeren weitergegeben haben und nicht andersherum. Rudolf Tippelt sieht eine der Hauptbarrieren für intergeneratives Lernen, aber auch in der sogenannten Alterssegregation, also dem Abschotten der Alten von den Jungen. So können wir beobachten, dass Ältere sich viel zu oft freiwillig abschotten, um den Jüngeren nicht im Weg zu stehen. Aber auch hinsichtlich des aktiven Lernens werden den Älteren von den jüngeren oft Defizite in ihrem Lernverhalten zugesprochen, welche sie dann auch verinnerlichen. Sätze wie „Ich bin zu alt, um mit Jüngeren zu lernen, ich halte Jüngere beim Lernen nur auf“ hören wir immer noch zu oft, und dieses „Phänomen“ ist in empirischen Studien auch heute noch nachzuweisen. Und genau diese Verhaltensmuster gilt es aus der Welt zu schaffen, um eine Gesellschaft zu formen, die aufeinander Acht gibt, sich gegenseitig ernst nimmt und respektiert, und das unabhängig vom Alter.
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