Lissa Rankin hat sich eine große Aufgabe vorgenommen: Sie schlägt eine Brücke zwischen alternativen Heilmethoden und der westlichen Medizin. Dies jedoch, ohne eine der Seiten zu verteufeln. Ihr geht es viel mehr darum, zugunsten der Gesundheit eine Offenheit zu entwickeln, die es zulässt, dass von beiden Seiten wertvolle Heilimpulse stattfinden können.
Wir haben einen exklusiven Auszug aus ihrem neuen Buch “Heilige Medizin”.
Reduktionismus in der Medizin
Leider verkennen viele, die sich als Gesundheitsförderer verstehen, die Bedeutung der Ganzheit in der Medizin. Sie konzentrieren sich einseitig auf das Kurieren und vernachlässigen dabei den Wert des Heilens, was alle Beteiligten ärmer macht. Wenn man sich auf das Kurieren beschränkt und dabei den Heilungsprozess vernachlässigt, wird dadurch die menschliche Ganzheit in Fragmente aufgesplittet und Schaden angerichtet, selbst wenn es zur Heilung kommt. Und dennoch ist diese zerstückelnde Herangehensweise in der Schulmedizin fest verankert. Durch die Aufsplittung in menschlichen Körper, Geist, Seele und Energiefeld, die von der Welt der Wissenschaft verschiedenen Disziplinen zugeordnet werden, ist die Medizin von Reduktionismus geprägt, und darunter leidet sie.
Der Körper wird auf den Fachbereich Biologie und die medizinische Fakultät reduziert; der Geist auf Psychologie, Neurowissenschaften, Psychiatrie und Neurologie, die Seele auf den Fachbereich Religion und die theologische Fakultät. Das menschliche Energiefeld wird auf den Fachbereich Physik oder Biologie reduziert. Und das Herz können Sie gleich ganz vergessen! Abgesehen von der Kardiologie findet es in der Wissenschaft nicht einmal einen Platz, außer vielleicht im Fachbereich Literatur.
Diese fragmentierte Herangehensweise an die Medizin reicht bis ins 16. Jahrhundert zurück, bis zum Geist-Körper-Dualismus von René Descartes. Die Spaltung zwischen Spiritualität und Wissenschaft ist sogar noch älter. Aber was wäre, wenn wir diese Aspekte des Heilens nicht in unabhängige Fachrichtungen aufteilen, sondern stattdessen die Risse heil machen und sie in einer Medizin der Ganzheit – einer ganzheitlichen Medizin – zusammenführen würden?
Obwohl das Aufkommen der integrativen, funktionellen, naturheilkundlichen und osteopathischen Medizin dieses Bild verändert, ist es immer noch so, dass nur wenige Vertreter der etablierten Schulmedizin ihren Patienten etwas anderes als konventionelle Medizin verschreiben. Ärzte haben Ernährungsmedizin, Kräuter und Nahrungsergänzungsmittel in der Regel nicht auf dem Radar, ganz zu schweigen von Heilmitteln und -methoden aus anderen Kulturen, wie aus der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM), der ayurvedischen oder tibetischen Medizin, der indigenen Heilkunst und dem Schamanismus; ebenso wenig wie spirituelle Heilmethoden, zum Beispiel die Energieheilung oder die Glaubensheilung.
Als schulmedizinisch ausgebildete Ärztin habe ich über zehn Jahre damit zugebracht herauszufinden, was uns außer dem, was man mich im Medizinstudium gelehrt hat, bei der Heilung hilft. Inzwischen ist mir klar, dass der medizinische Reduktionismus zwar Entweder-oder-Polarisationen beinhaltet (entweder Schulmedizin oder Naturheilkunde, entweder Ärzte und Medikamente oder spirituelle Heilung/Geistheilung), die Heilung aber voller Sowohl-als-auch-Paradoxien ist (Schulmedizin und Natur-/Glaubensheilung).
Buchtipp: Heilige Medizin
von Dr. Lissa Rankin
Vielleicht haben auch Sie, liebe Leserin, lieber Leser, Ihre eigene Gesundheitsversorgung nach einem Schwarz-Weiß-Schema betrachtet. Vielleicht haben Sie immer geglaubt, optimale Gesundheit sei nur dann möglich, wenn Sie die Anweisungen Ihres Arztes, Ihrer Ärztin, befolgen. Aber jetzt haben Sie mit einem körperlichen oder geistigen Problem zu kämpfen, das er oder sie offensichtlich nicht lösen kann. Oder vielleicht sind Sie den anderen Weg gegangen, haben Ärzte, Medikamente und Operationen ganz gemieden und sich immer nur auf natürliche Methoden verlassen – doch jetzt kämpfen Sie mit etwas, das Ihr Heilpraktiker, Ihre Chiropraktikerin und ihr Akupunkteur allem Anschein nach nicht zu heilen vermögen.
Als Ärztin, die den heiligen Eid abgelegt hat, mich wirklich einzusetzen und alles in meiner Macht Stehende zu tun, um das Leiden anderer zu lindern, bricht es mir das Herz, wenn ich sehe, dass es Menschen unnötig schlecht geht, weil sie ausschließlich die Medizin kennen oder nutzen wollen, die von einer Seite autorisiert ist: entweder von der Schulmedizin oder von der Komplementär- bzw. Alternativmedizin, je nachdem, auf welcher Seite der Kluft die Betreffenden stehen.
Es kann entmutigend sein zu sehen, wie sehr sich die Lager der Schulmedizin und der Alternativmedizin gegenseitig dämonisieren und herabsetzen. Manche Ärzte stehen den Methoden der Alternativmedizin skeptisch gegenüber, bezeichnen sie als „unwissenschaftlich“, behaupten, das sei alles nur Quacksalberei, und behandeln Menschen, die diese Behandlungen praktizieren oder in Anspruch nehmen, mit Spott und Verachtung. Auf der anderen Seite verfallen Anbieter oder Nutzer der Alternativmedizin in eine „Anti-Medizin“-Haltung, meiden Ärzte um jeden Preis, vertreten realitätsleugnende, wissenschaftsfeindliche Ansichten, fühlen sich von der Schulmedizin betrogen und fürchten sich vor den möglichen Schäden, die sie verursachen kann.
Das Problem ist: Wenn wir uns in Lager aufspalten, lassen wir uns symptomlindernde oder sogar heilende Behandlungen entgehen, die es auf der anderen Seite der Kluft geben könnte. Dann leiden und sterben Menschen unnötig. Warum tun wir das? Weil viel zu viele Menschen halsstarrig sind und lieber recht haben als geheilt werden wollen. In diesem Buch geht es nicht darum, wer recht hat und wer nicht. Es ist ein Buch über das Heilen. Wenn es zur Heilung kommt, werden Sie vielleicht sogar feststellen, dass es Ihnen gar nicht so wichtig ist, welches Lager nun recht hat. Ihnen kommt es darauf an, Leiden zu lindern – und dabei alles zu nutzen, was funktioniert.
(…)
Um sich für Wunder empfänglich zu machen, sollten Sie sich davon verabschieden, Ihre Gesundheitsversorgung in Schwarz oder Weiß zu sehen, und eine Brücke schlagen zu einer paradoxeren Art und Weise, dafür zu sorgen, dass Ihre gesundheitlichen Bedürfnisse erfüllt werden. Wie? Indem Sie sich auf das einlassen, was ich die Paradoxe der Heilung nenne. Auf diese Paradoxe werde ich im weiteren Verlauf des Buches noch zurück- kommen, aber um Ihnen schon einmal zu zeigen, in welchem Maße Schwarz-Weiß-Schemata überwunden werden müssen, stelle ich Ihnen nun einige wichtige Paradoxe vor.
Buchtipp: Heilige Medizin
von Dr. Lissa Rankin
Die Paradoxe des Heilens
- Sie können sich selbst heilen, und Sie können es nicht allein.
- Die Schulmedizin kann Leben retten, und die konventionelle Medizin ist die dritthäufigste Todesursache in den Vereinigten Staaten.
- Seien Sie aufgeschlossen, und seien Sie nicht so aufgeschlossen, dass Ihnen Ihr Verstand abhandenkommt.
- Seien Sie klar in Ihrer Absicht zu heilen, und geben Sie jegliche Erwartungshaltung in Bezug auf das Ergebnis auf.
- Vertrauen Sie auf Ihre Intuition, und halten Sie sich an die Wissenschaft und wenden Sie kritisches Denken an. • Glauben Sie an Magie und an Wunder, und schwelgen Sie weder in magischem Denken noch darin, es zu leugnen.
- Holen Sie sich Ihre Macht proaktiv zurück, und schwimmen Sie mit dem Strom.
- Ihre Krankheit ist nicht Ihre Schuld, und Ihr Heilungsweg liegt in Ihrer Verantwortung.
- Bleiben Sie hoffnungsvoll, und seien Sie realistisch.
- Folgen Sie Ihrem Herzen, und benutzen Sie Ihren Kopf.
- Lassen Sie sich von der Keimtheorie (Krankheiten werden durch Mikroorganismen übertragen) und der Geländetheorie (unsere innere Umgebung und ihre Elemente sind für die Krankheiten verantwortlich) leiten.
- Ihre Gedanken beeinflussen die Realität, und Ihre Gedanken können die Realität nicht kontrollieren.
- Wir sind eins, und wir sind getrennt.
- Greifen Sie so viel wie möglich auf Selbsthilfe zurück, und seien Sie bereit, um Hilfe zu bitten und sich auf andere zu stützen.
- Bemühen Sie sich um Schmerzlinderung, und fühlen Sie Ihren Schmerz.
- Angst kann Krankheiten verursachen, und das Verdrängen oder Ignorieren der Angst kann uns töten.
- Wir sind nicht unser Körper, unsere Gefühle oder unsere Identität, und wir sind all das.
- Uns mit dem Ego zu identifizieren, kann unser persönliches Wachstum einschränken und uns krank machen, und die einzige Möglichkeit, über das Ego hinauszuwachsen, besteht darin, es nicht mehr zu verteufeln, sondern es zu lieben, zu heilen und zu integrieren.
- Folgen Sie der spirituellen Führung, und seien Sie sich nie zu sicher, dass Sie einen direkten Draht zu Gott haben.
Nehmen Sie sich etwas Zeit für jedes Paradox, liebe Leserinnen und Leser. Spüren Sie, ob Sie Widerstand, Erleichterung oder einfach nur Neugier empfinden. Was auch immer aufkommt, heißen Sie es willkommen.
Mehr im Buch “Heilige Medizin”.

Über die Autorin
Dr. Lissa Rankin, New-York-Times-Bestseller-Autorin, ist Gynäkologin, Pädagogin und Verfechterin des Gesundheitswesens, die versucht, die Grenzen zwischen Schulmedizin, Komplementärmedizin und modernster Traumatherapie zu überbrücken. Sie gründete das Whole Health Medicine Institute zur Schulung und Zertifizierung von Ärzten und Therapeuten, forschte über radikale Remission und gründete die gemeinnützige Organisation Heal at Last. Dr. Rankin setzt sich ein für einen integrativen Ansatz zur Behandlung chronischer und lebensbedrohlicher Krankheiten. Ihr großes Anliegen besteht darin, die Kluft zwischen Wissenschaft und Spiritualität zu überbrücken.
Buchtipp: Heilige Medizin
von Dr. Lissa Rankin
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