Auf der Suche nach dem Glück… Das lange Zeit abgeschottete Land Bhutan will sich der Welt öffnen, ohne dem Materialismus zu erliegen. Es will sich modernisieren, ohne seine Seele zu verkaufen.
Bhutan: Auf der Suche nach dem Glück
Was Glück ist
Maßstab für die Glüks-Entwicklung ist „Gross National Happiness“, das Bruttonationalglück.
In einem weltweit einzigartigen Projekt sind Beamte und Beamtinnen des Ministeriums für Glück acht Monate lang unterwegs, um mit dicken Fragebögen das Glück im Land zu ermitteln. Ein Roadmovie zum fernsten aller Ziele, dem Glück.
Harald Friedl, Filmemacher, Schriftsteller und Musiker zeigte 2006 seine dokumentarische Zeitreise “Aus der Zeit” in den Kinos. Jetzt ist auch die DVD What happiness is im Handel erhältlich.
Einblicke in das Land des Glücks
Bisher war das Himalya-Königreich Bhutan für Filmaufnahmen weitestgehend unzugänglich, doch für den Regisseur Harald Friedl und sein Team öffnete es seine Pforten.
Im Interview mit Regisseur Harald Friedl
Bhutan: Auf der Suche nach dem Glück
Wie ist es um Ihr Glück bestellt? Auf einer Skala von 0 bis 10: Wie glücklich sind Sie?
Meistens so zwischen 8 und 9.
Und was macht Sie glücklich?
Faszination, Liebe, in einer guten Sache völlig aufgehen. Tief empfinden, sich wie eins mit anderen und mit der Welt fühlen, Anerkennung, Erfolg …
Wo nahm der Film seinen Beginn: Wie sind Sie auf das Thema gestoßen?
Als Heidi Liedler-Frank noch im Außenministerium gearbeitet hat, hat sie mir bei einem Abendessen erzählt, dass sie eine Reise österreichischer Parlamentarier nach Bhutan vorbereitet. Ihr Mann, mein alter Freund Andreas, hat im Zusammenhang damit „Gross [horizon_newsletter_box] National Happiness“ erwähnt. Ich habe mir eine Notiz gemacht, das Thema am nächsten Tag recherchiert. Es kam mir zuerst einfach nur schräg vor. Ich habe dann die Homepage vom Centre for Bhutan Studies in Thimphu – www.bhutanstudies.org.bt – studiert. Ich dachte mir: Wenn das wahr ist, dann ist das super. Ich habe sofort Kontakt mit dem Centre aufgenommen und eine gewisse Tshoki Zangmo hat zurück geschrieben, dass sie im kommenden Jahr wieder die Erhebung zum Bruttonationalglück planen, zum ersten Mal richtig professionell und groß. Dann habe ich Kurt Mayer von der Sache erzählt, und er war gleich Feuer und Flamme. Und Tshoki Zangmo ist jetzt die Protagonistin des Films.
Mit welchem Konzept sind Sie nach Bhutan aufgebrochen? Wie hat es sich vor Ort verändert?
Ich wollte von Anfang an, dass der Film von der Glücksermittlung erzählt und nicht vom glücklichen Bhutan. Es war auch schnell klar, dass der Film noch einen Schritt weiter gehen musste. Er verlässt den Handlungsrahmen der Untersuchung, um zu den persönlichsten Geschichten zu kommen. Dass sich die Dramaturgie des Films genauso entwickeln würde, war nicht geplant. Das hat sich beim Schnitt erst ergeben. Ursprünglich hatte ich vor, dass der Film die Reise authentisch nacherzählt. Zugunsten einer funktionierenden Dramaturgie war es notwendig, auf diese Authentizität zu verzichten. Die Filmdramaturgie hat ihre eigene Reise erzwungen.
Bhutan: Auf der Suche nach dem Glück
Bei den Dreharbeiten war es oft schwierig, alltägliche Bedürfnisse zu erfüllen. Wo waschen wir uns, wo kriegen wir was zu essen her, wo finden wir ein paar Quadratmeter ebener Fläche, um ein Zelt aufzubauen? Bhutan ist ein extrem gebirgiges Land, ein junges, gar nicht abgeschliffenes Gebirge, da muss man nach Platz für ein Nachtlager lange suchen.
Die Glücksermittler haben teilweise das Problem, dass viele der Leute sehr abgeschieden leben und dass sie sie für den Fragebogen kaum zum Sprechen bewegen können – das ist mit Kamera dann ja noch unvorstellbarer.
Es hat kaum Zurückweisung gegeben! Im Grunde genommen war’s gar nicht schwierig, es wäre in Europa viel schwieriger gewesen. Man muss sich das mal vorstellen, bei uns würden Sozialforscher antanzen und sagen: „Ihr müsst euch jetzt drei bis vier Stunden Zeit nehmen, unseren Fragebogen mit uns durchzugehen, und die Ausländer filmen uns dabei.
Foto: kinostar.com
Wie sind Sie mit der Sprachproblematik umgegangen?
In WHAT HAPPINESS IS geht es um sehr emotionale Themen, aber auch soziokulturelle und politische Inhalte. Ich hatte einen Simultanübersetzer, der mir die meiste Zeit übersetzt und erklärt hat, was passiert.
Im Film wird von der soften Modernisierung in Bhutan erzählt – wie Westliches hereingelassen wird – etwa Handy und Internet –, aber bei Plastik z.B. bestimmte Auflagen herrschen; dass McDonald’s unerwünscht ist. Wie haben Sie diese Entwicklung vor Ort wahrgenommen? Eine „nachhaltige“ Modernisierung?
In einem Internetforum wurde diskutiert, ob man McDonald’s in der Hauptstadt zulassen soll oder nicht. Die Mehrheit der Poster war eindeutig dagegen, „so was brauchen wir einfach nicht. Und außerdem ist es eh nicht gut, Fleisch zu essen, das widerspricht der buddhistischen Ethik“.
Die Leute sehen der Entwicklung anscheinend gelassen entgegen. Das ist natürlich buddhistisch gefördert, aber auch in der Hauptstadt scheint es bemerkenswert wenig Stress zu geben. Es gibt nur eine einzige Straßenkreuzung in Bhutan, die durch einen Polizisten geregelt wird. Früher gab es kurzzeitig eine Ampel, da haben sich die Leute aufgeregt, dass eine Ampel nicht so ästhetisch ist wie der Polizist mit seinen geschmeidigen Armbewegungen.
Bhutan: Auf der Suche nach dem Glück
Bhutan durchlebt eine günstige Periode seiner Geschichte. Es geht aufwärts, das ist überall spürbar. Das Land wird liberaler, die Infrastruktur wird besser, es kommen Spitäler und Schulen, es herrscht Aufbruchsstimmung. Kritische Geister gibt’s auch. Sie haben vollkommen Recht, wenn sie sagen, dass zu viel Geld in die falschen Taschen geht. In Bhutan existiert auch kein paradiesischer Zustand, und es gibt auch dort absurde Dinge. Aber Bhutan macht sehr sehr viele Dinge sehr richtig.
War es schwer, die Erlaubnis zu bekommen, die Glücksforscher bei ihrer Reise zu begleiten?
Als es darum ging, ob wir diesen Film machen können oder nicht, hatte ich einen Termin mit einem Minister. Ich habe ihm offen gesagt, dass ich nicht vorhabe, einen Film über das glückliche Bhutan zu machen, sondern die Wirklichkeit zu zeigen. Seine Reaktion war, dass er richtig froh darüber war. Als Kurt Mayer und ich einen Termin beim Premierminister hatten, sagt er am Schluss: „Make the film you want to make.“
Die wollen sich nicht instrumentalisieren lassen. Darum: BBC nein, kurt mayer film Österreich ja. (lacht) – Die BBC hatte eine Serie über Tierleben im Himalaya gedreht, darunter auch in Bhutan. Es wurde ein Tiger gefilmt, der auf 4.000 Metern jagt. Der Kommentar dazu erzählte, dass die BBC damit als erste entdeckt hat, dass Tiger bis in 4.000 Metern Höhe jagen. Für die Bhutaner hörte sich das verrückt an, weil sie das seit Jahrtausenden wissen. So bekam die BBC Drehverbot.
Zur Zeit des Gross National Happiness Surveys wurde kein anderes Filmteam ins Land gelassen. Bhutan wollte keine kurze, knappe Berichterstattung darüber. Wir waren exklusiv im Land, ohne dass wir je darum gebeten hätten.
Wie lange hat der Dreh angedauert? Wie groß war das Team? Und inwiefern hat man das Equipment auf die beschwerlichen Wege abgestimmt?
Bhutan: Auf der Suche nach dem Glück
Ein Monat Recherche, zwei Monate zum Drehen unterwegs. Vier Österreicher, vier Bhutaner. Wir hatten 240 kg Equipment mit dabei inklusive unseres eigenen Gepäcks. Wir hatten acht Tage Maultiere, weil es keine Straße gab. Man musste für alles mögliche gerüstet sein: Wir wussten, dass wir nicht überall Strom haben würden, vielleicht auch eine Woche lang nicht …
Bleibende Momente des Drehs?
Ich war sehr oft sehr glücklich, obwohl’s beinharte Arbeit war. Wenn ich an den armen Mann denke, dessen Familie ihn nicht mag, dann ist mir seine Offenheit in besonders tiefer Erinnerung. Oder die Frau, die erzählt hat, wie gut es ist, als Mensch wiedergeboren zu werden. Man könnte ja auch als Ameise oder als Schwein geboren werden. Unvergesslich sind die lustigen Frauen im Hochgebirge auf 4.000 Metern Höhe. Die drei Tagesmärsche hinauf in die tibetische Enklave Laya. Wenn man dort mal angekommen ist, erschöpft und fertig, und man trifft auf solche Frauen, die einem eine Mordsgeschichte von Lust und Leidenschaft erzählen.
Am schlimmsten war, als die Pferde wegen einer fließenden Mure nicht weiter konnten und wir selber unsere ganze Ausrüstung über einen breiten, steilen, weichen, schlammigen Abhang tragen mussten. Es war finster, es hat geschüttet und zum Schluss haut mir mein lieber Freund Peter auch noch die Heckklappe des Landcruiser auf den Schädel. Von alledem sieht man im Film nichts. Niemand wird sehen, was wir auf uns genommen haben, um dem Glück näherzukommen. (lacht)
Was passiert tatsächlich mit den ausgewerteten Daten? Inwiefern fließt das in eine Diskussion, in eine neue Gesetzgebung?
Jetzt werden Studien gemacht, wie mit den Problemen umzugehen ist. In Bhutan wird viel in den Medien diskutiert. Es gibt auch englische Tageszeitungen und TV-Programme, deshalb konnten wir das mitverfolgen. Es gibt, sofern ich das überblicken konnte, fast jeden Tag eine Art „Club 2“. Da wird ganz offen über die Probleme des Landes gesprochen. Und das ist es, was jetzt im Gang ist: ein großer Diskussionsprozess. Inwieweit die Erkenntnisse in die Realpolitik einfließen, wird man sehen.
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Bhutan: Auf der Suche nach dem Glück
Quelle: www.kinostar.com
.“moviepilot” schreibt über den Film: “Ein Glück, dass Filmemacher Harald Friedl für den Film zu seiner Kamera gegriffen hat, und mit seiner Dokumentation nicht nur Einblick in dieses erfrischende Projekt, sondern vor allem auch in das Königreich Bhutan gibt.”
Mehr Informationen hier: www.whathappinessis.de