Als erster Pharmakonzern bestätigte GW Pharmaceuticals in einer Pressemitteilung, dass eine unterstützende Behandlung von Krebs mit Cannabis die Chance auf ein Überleben deutlich erhöht. Was auf den ersten Blick als Durchbruch erscheint, hat jedoch einen bitteren Beigeschmack.
Erste kontrollierte Studie bei aggressivem Hirnkrebs
Erstmals wurden im Jahr 2017 vorläufige Ergebnisse einer Studie veröffentlicht, die zeigen, dass Cannabis nicht nur bei Tieren, sondern auch beim Menschen das Krebswachstum hemmen und das Überleben sichern könnte. Der Hersteller des Cannabisextrakts Sativex, GW Pharmaceutical mit Sitz in Großbritannien, gab in einer Pressemitteilung bekannt, dass ihr Produkt in einer Studie mit 21 Patienten, die an einem Glioblastom litten, das Überleben deutlich verlängerte.
Sativex ist ein Mundspray, das etwa gleiche Mengen an THC und CBD (Cannabidiol) enthält.
Die Kehrseite der Medaille
Diese Mitteilung erweckt den Eindruck, dass die Festung der Pharmalobby zu bröckeln beginnt, doch eine genauere Betrachtung der Hintergründe wirft Fragen auf.
Folgend ein paar Fakten:
Bereits im Jahr 2003 schlossen die Bayer AG und GW Pharmaceuticals plc (GW) eine Vereinbarung zum Exklusivvertrieb für ein Cannabisbasiertes Arzneimittel von GW Pharmaceuticals plc.
„Die Bayer AG und GW Pharmaceuticals plc (GW) haben eine Vereinbarung zum Exklusivvertrieb für ein Cannabisbasiertes Arzneimittel von GW geschlossen, das unter dem Markennamen Sativex® auf den Markt kommen soll. Die Vereinbarung sieht vor, dass Bayer die Exklusivrechte zur Vermarktung von Sativex in Großbritannien erhält. Darüber hinaus hat Bayer für einen begrenzten Zeitraum die Option zur Verhandlung der Vermarktungsrechte in anderen Ländern der Europäischen Union und ausgewählten weiteren Ländern weltweit.“
- 2009 gab GW Pharmaceuticals bekannt, dass es gelungen sei, eine Cannabispflanze genetisch zu verändern und eine neue Zucht von Cannabis zu patentieren.
- 2011 folgte eine Erweiterung der 2003 geschlossenen Vereinbarung mit Bayer auf Nordamerika.
- 2011 ließ das U.S. Patent und Trademark Office dasPatent Nr. WO2011110866A1Phytocannabinoide bei der Behandlung von Krebs, eingereicht von GW Pharma Limited und Otsuka Pharmaceutical Co. Limited zu.
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Dieses Patent betrifft die Verwendung von Phytocannabinoiden, entweder in isolierter Form oder in Form einer botanischen Arzneimittelsubstanz (BDS) bei der Behandlung von Krebs. Vorzugsweise ist der zu behandelnde Krebs, Krebs der Prostata, Brustkrebs oder Dickdarmkrebs.
„GW Pharmaceuticals (Großbritannien) hat zwei pflanzenorientierte Anmeldungen. GW zeichnet sich dadurch aus, dass es das größte Portfolio (über 80 US-Fälle) sämtlicher Unternehmen auf diesem Gebiet hat und sich insbesondere auf die Behandlungsmethoden von Krankheiten konzentriert.“
Wer ist GW?
1998 wurde das biopharmazeutische Unternehmen GW gegründet. GW Pharmaceuticals PLC arbeitet daran neue Therapieformen mithilfe von Cannabis zu finden, weiterzuentwickeln und zu kommerzialisieren. Primärer Wachstumstreiber ist das THC-hlatige und somit rezeptpflichtige Spray Sativex, welches Multiple-Sklerose-Patienten hilft, ihre spastischen Leiden zu lindern. Die Behandlung von Schmerzen bei Krebs wird derzeit noch klinisch erprobt. Weitere Produkte wie Epidiolex zur Behandlung kindlicher Epilepsie zählen ebenfalls zum Portfolio von GW. Das Unternehmen investiert aktuell vermehrt in die Forschung und die Entwicklung neuer Medikamente sowohl im eigenen Haus wie auch extern. So arbeitet GW bereits seit 2009 eng mit der Universität Buckingham zusammen um im Bereich Typ 2 Diabetes und metabolisches Syndrom weitere Forschungsergebnisse zu erzielen.
Die Saat der Gier
Die zahlreich herauskommenden medizinischen und wissenschaftlichen Studien zeigen, dass medizinisches Marihuana das Szenario der Abhängigkeit von pharmazeutischen Pillen und Produkten drastisch verändert. So fand eine groß angelegte Studie heraus, dass über die Hälfte aller Menschen, die Cannabisprodukte probieren, damit aufhören, traditionelle Arzneimittel aus der Schulmedizin einzunehmen.
„Die häufigsten Gründe, warum Menschen CBD nehmen, waren Schlaflosigkeit, Depressionen, Angstzustände und Gelenkschmerzen“, so Dr. Perry Solomon, der Leitende Mediziner von HelloMD. „Zweiundvierzig Prozent der CBD-Anwender gaben an, dass sie traditionelle Medikamente wie Tylenol Schmerzmittel oder verschreibungspflichtige Medikamente wie Vicodin nicht mehr nehmen und stattdessen auf Cannabis umgestellt hätten. Achtzig Prozent sagten, dass sie die Produkte für ’sehr oder extrem wirksam‘ hielten. Nur 3 % oder weniger befanden das Produkt entweder als wirkungslos oder nur geringfügig wirksam.“
„Es scheint, der pharmazeutische Handel hat mehr als genug Gründe, die Legalisierung von Marihuana zu fürchten, da eine Analyse von New Frontier Data prognostiziert, dass die legale Verwendung von Cannabisprodukten gegen Beschwerden wie etwa chronischen Schmerzen bis hin zu Anfällen für die Vermarkter der modernen Medizin bedeuten könnte, dass ihnen um die 4 Milliarden Dollar pro Jahr entgehen.“
Auch Bayer kann seine Augen vor diesem Erfolg nicht verschließen und hat offenbar eindeutige Pläne für den Multi-Milliarden-Dollar-Cannabismarkt. So arbeitet der deutsche Konzern seit 2003 mit GW Pharmaceuticals an einem Cannabis-basierten Arzneimittelextrakt. Und während Monsanto „noch nicht an GMO-Marihuana gearbeitet hat“, hat das Unternehmen allerdings Zugang zu der Cannabis-Expertise von Bayer erhalten.
Seit 7. Juni 2018 ist Bayer der alleinige Eigentümer der Monsanto Company.
„Die Übernahme von Monsanto ist ein strategischer Meilenstein, um unser Portfolio führender Geschäfte in den Bereichen Gesundheit und Ernährung zu stärken.“
Erklärte Baumann.
Bayer streicht daraufhin den Namen Monsanto, behält jedoch dessen Produktpalette. Die Wettbewerbshüter verlangten Bayer lediglich, einen Teil des Agrochemie-Geschäfts abzugeben. Nutznießer der Auflagen ist der Ludwigshafener Chemiekonzern BASF. BASF übernimmt einen Teil der Agrochemie-Geschäfte von Bayer für 7,6 Milliarden Euro. Und so steigt Bayer mit der Monsanto-Übernahme zum weltgrößten Anbieter von Pflanzenschutzmitteln und Saatgut auf. Monsanto wiederum hat Verbindungen zu The Scotts Miracle-Gro, das offen seine Absicht erklärt hat, bis zu 500 Millionen Dollar [470,98 Millionen Euro] zu zahlen, um die Cannabis-Industrie aufzukaufen.
Passend zum Thema hier ein Kurzbericht über die Bayer-Monsanto Fusion:
Diese Fusion könnte den Tod, der sich gerade erst etablierenden Marihuana-Industrie, und die Geburt des gentechnisch veränderten Cannabis bedeuten.
Denn, wie bekannt ist, stellt Monsanto Gifte, gentechnisch verändertes Saatgut und andere Produkte her, die nachweislich Mensch und Umwelt schaden. Und auch, wenn der Name Monsanto von der Global-Player Liste verschwindet – Bayer wird ihn sicher hervorragend ersetzen.
Cannabis in Deutschland
Seit März 2017 können Patienten getrocknete Cannabisblüten und Cannabisextrakte in kontrollierter Qualität auf ärztliche Verschreibung hin erhalten und Fertigarzneimittel auf Cannabisbasis. Im selben Jahr stieg die Anzahl der verschriebenen Rezepte auf mehr als das Doppelte an. Etwa 75 Prozent der Anträge auf medizinisches Cannabis werden bewilligt.
Für wen kommt Cannabis infrage?
Cannabis wird primär bei Schmerzpatienten eingesetzt. Weitere positive Effekte zeigte es bei der Behandlung von Übelkeit und Erbrechen während der Chemotherapie und bei der Bekämpfung von Appetitlosigkeit. Tumorpatienten in der Chemotherapie und HIV/AIDS-Patienten stellen derzeit das größte Anwendungsgebiet dar. Vor allem der Nutzen bei neuropathischen oder chronischen Schmerzen gab Anlass zur Legalisierung von Cannabis als medizinische Substanz.
Anträge auf Verordnung von medizinischem Hanf werden von den Gesundheitskassen vor allem abgelehnt, weil der Beleg zur Wirksamkeit von den Gesundheitskassen als fraglich eingestuft wird. Das möchte die CaPRis-Studie widerlegen: Sie wies den Nutzen in den zuvor benannten Anwendungsgebieten nach und zeigte außerdem eine leichte Verbesserung der Krankheitsbeschwerden bei Patienten mit Multipler Sklerose. Auch im digitalen PraxisRegister Schmerz der DGS waren Ende 2017 bereits 1.224 Behandlungsfälle mit Cannabis dokumentiert und belegen für Patienten mit chronischem Schmerz, dass Cannabinoide tatsächlich eine Therapiemöglichkeit zu sein scheinen, wenn andere Therapieansätze nicht zufriedenstellend verliefen.
Dennoch ist unbedingt festzuhalten, dass der Wirkungsnachweis aus wissenschaftlicher Sicht nicht ausreichend gesichert ist. Das heißt es liegen bislang nur wenige randomisierte Studien vor, die die Wirksamkeit eindeutig belegen. Akzeptable Erkenntnisse existieren bislang nur für die begleitende Behandlung von Spastik, Übelkeit und Erbrechen durch Zytostatika und neuropathischen Schmerzen. Bislang noch ungenügend belegt ist die Wirksamkeit von Cannabinoiden bei Tumorschmerzen, rheumatischen und gastrointestinalen Schmerzen.
Im Cannabis-Gesetz spielt die Indikation jedoch keine Rolle. Sollte ein realistischer Behandlungserfolg erhofft werden können, dann darf Cannabis jederzeit vom Arzt verordnet werden. Auch solange noch keine eindeutige Evidenz für oder gegen die Wirksamkeit vorliegt.
Das sollten Patienten beachten
Die Vorgehensweise zur Bewilligung der Kostenübernahme ist besonders, da der Patient vor der ersten Einlösung eines Cannabisrezeptes bei den Krankenkassen einen entsprechenden Antrag stellen und den Entscheid über den Antrag abwarten muss. Die Krankenkasse ist jedoch dazu verpflichtet, binnen drei Wochen zu antworten. Dieses Verfahren muss unbedingt eingehalten werden, da sonst eine Verweigerung der Kostenübernahme möglich ist. Bei schwer kranken Menschen wird dieser Prozess auf drei Tage beschleunigt.
Auch sollte den Patienten bewusst sein, dass der behandelnde Arzt gesetzlich dazu verpflichtet ist, die anonymisierten Daten des Patienten an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte zwecks Cannabis-Begleiterhebung weiterzuleiten.
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https://patents.google.com/patent/WO2011110866A1/en
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https://www.huffingtonpost.in/entry/marijuana-cancer_n_4158865?guccounter=1
https://diepresse.com/home/wirtschaft/boerse/5453619/Haschisch-aber-nicht-an-der-Boerse
https://dr-grotenhermen.de/krebsinformation.pdf
https://www.mdr.de/nachrichten/wirtschaft/bayer-monsanto-uebernahme-abegeschlossen-100.html
https://www.gwpharm.com/about-us/news/gw-and-otsuka-enter-global-cannabinoid-research-collaboration
https://www.rheinpfalz.de/lokal/artikel/bayer-bekommt-monsanto-fuer-basf-faellt-viel-ab-1/