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Die Entwürdigung von Frauen in Nepal hat viele Gesichter. In weiten Teilen Nepals zeigt sie sich, indem Frauen massiv unter ihrer Menstruation leiden – gesundheitlich wie auch seelisch. Karin und Sten Linnander haben in Frankfurt einen Verein gegründet – HEAR Nepal Deutschland, e.V. – um zusammen mit ihrer nepalesischen Partnerorganisation dieses Unrecht zu überwinden: Mädchen und Frauen sollen Wissen über ihren Körper und waschbare, kompostierbare, hygienische Menstruationsbinden erhalten.
Gesundheit, Bildung, Bewusstsein und Rechte für Frauen in Nepal
Nepal – für viele von uns ist es ein begehrtes Reiseziel. Gleichzeitig ist es eines der ärmsten Länder der Erde. Trotz großer Fortschritte gibt es dramatische gesundheitliche Probleme. Jedes Jahr sterben Tausende von Menschen, darunter auch viele Kinder und Jugendliche, an übertragbaren Krankheiten wie Durchfall, Typhus und Hepatitis. Die meisten Erkrankungen haben vor allem mit unsauberem Wasser, Mangelernährung und Armut zu tun. Und: mit fehlender Bildung.
All das trifft Mädchen und Frauen besonders. Die meisten Frauen in Nepal wissen kaum etwas über ihren Körper und ihren Zyklus. Hinzu kommen Traditionen und Aberglaube: Menstruation gilt als Zeichen von Sünde oder des Zornes der Götter. Frauen werden während ihrer Regel ausgegrenzt und dürfen Männer, Kühe oder gar Schamanen nicht berühren. Besonders im Westen Nepals wird zudem „Chhaupadi“ praktiziert: Frauen sind während ihrer Menstruation weg von zu Hause in kleine unbeheizte Hütten verbannt, bekommen kaum Nahrung und müssen dort sogar unter sehr unhygienischen Bedingungen ihre Kinder zur Welt bringen.
40% der Frauen in Nepal sind Analphabetinnen
“All das wird von Generation zu Generation weitergegeben. Die meisten Mädchen wissen bei ihrer ersten Regelblutung nicht, was mit ihnen geschieht. Immer wieder berichten uns Frauen, welche Angst ihnen ihre erste Blutung und die Ausgrenzung aus dem Dorf einjagte.“
Karin Linnander
Unzählige Mädchen verlieren jedes Jahr aufgrund von Chhaupadi in der Schule den Anschluss und bleiben schließlich ganz zu Hause, ohne je Lesen und Schreiben zu lernen. Weit über 40% der Frauen in Nepal sind Analphabetinnen, bei den Männern sind es etwa 25%.Um diese Missstände zu überwinden hat der nepalesische Verein HEAR Nepal, in Zusammenarbeit mit dem deutschen Schwesterverein HEAR Nepal Deutschland, e.V. ein Mädchen- und Frauenprojekt ins Leben gerufen. HEAR steht für Health, Education, Awareness and Rights – die englischen Worte für Gesundheit, Bildung, Bewusstsein und Rechte.
„Für unsere Arbeit haben wir den Distrikt Bajhang im Westen Nepals, einen der ärmsten und entlegensten Distrikte für unser Pilotprojekt ausgewählt.“
Sten Linnander
Aufklärung und Menstruationshygiene für Frauen in Nepal
Als erstes hat HEAR Nepal eine leicht verständliche Aufklärungsbroschüre rund um die Themen Pubertät, Menstruation, Gleichstellung, Vorurteile und sexuelle Belästigung überarbeitet und ins Nepalesische übersetzt.
Karin Linnander: „Die Broschüre hat den Titel „Kishoree“, das Wort für Pubertät. Wir sind ganz begeistert davon, denn sie ist sehr lebendig gestaltet, mit vielen Bildern und anregenden Fragen. „Kishoree“ ist nun vom Gesundheitsministerium für den Unterricht in Schulen zugelassen. Wir planen, dass jedes Mädchen im Alter zwischen 11 und 14 in Bajhang diese Broschüre, zusammen mit fünf Stunden Schulunterricht von einer Krankenschwester, erhält. Auch die Jungs erhalten von uns eine andere Broschüre (Kishor = Pubertät – Jungs) zum Thema ihrer eigenen Entwicklung in der Pubertät, aber auch zu den Themen Menstruation, Geschlechtergleichheit, Belästigung und die Gefahren von Alkohol trinken und Rauchen. Sie werden von männlichen Gesundheitskräften auch fünf Stunden lang unterrichtet.”
Ein weiteres Thema hat zu tun mit der Menstruationshygiene. Gerade auf dem Land können sich Frauen in Nepal kaum auf gesunde Weise um ihre Menstruationshygiene kümmern. Bei uns übliche Binden sind entweder unbekannt oder unbezahlbar. Meistens verhelfen sich die Frauen mit unhygienischen Stoffresten, was zu Infektionen führen kann. Nach Schätzungen von Fachleuten sind in vielen armen Ländern Unwissen und mangelhafte Menstruationshygiene für gut zwei Drittel aller Erkrankungen der Fortpflanzungsorgane verantwortlich, darunter auch Gebärmutterhalskrebs.
Die üblichen Binden sind in der Regel zu 90% aus Kunststoffen
Was also tun? Einfach exportieren, was sich in unseren Drogeriemärkten türmt? Karin Linnander: „Selbst, wenn es in Nepal auf dem Land die bei uns üblichen Einmal-Binden gäbe und die Frauen sie sich leisten könnten – dann gäbe es ein neues Problem: Unmengen von Plastikmüll, der wahrscheinlich auf gesundheitsschädigende Weise verbrannt würde.“ Die üblichen Binden sind in der Regel zu 90% aus Kunststoffen, die erst nach 500-800 Jahren abgebaut werden. Jede Frau, die solche Binden verwendet, hinterlässt also im Verlauf ihres Lebens große Mengen dieser Kunststoffe.
Während bei uns deren Verkauf und Nutzung ungebremst weitergehen, hat in Indien das Projekt „Baala“, mit Hilfe von Gesundheitsexperten eine Lösung entwickelt: waschbare, biologisch abbaubare Binden, die sie im Rahmen von Workshops bereits an mehrere Tausend Frauen verteilt haben. Sehr wichtig: Im Unterschied zu selbst genähten Baumwollbinden sind sie absolut dicht. Sie haben eine antibakterielle Schicht, die Infektionen verhindert, können bis zu zwei Jahre verwendet werden und kosten weniger als ein Sechstel als die üblichen Wegwerfprodukte.
Im Rahmen der Unterricht für die Schulmädchen will HEAR Nepal 6000 Päckchen mit je fünf solchen Binden gratis an den Schulmädchen in Bajhang verteilen. Auch ihre Mütter werden je ein solches Päckchen erhalten zusammen mit Information über deren Verwendung.
Und was geschieht nach dem Ende der Lebensdauer der verteilten Binden? Karin Linnander „Danach können Frauen sie für umgerechnet 3,75 Euro je Fünfer-Set kaufen. Wir haben im Rahmen einer Umfrage Nepalesinnen befragt und sie haben uns zugesichert, der Preis sei nur für die Allerärmsten ein Problem. Für sie werden wir uns etwas einfallen lassen.
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Geringe Kosten – große Wirkung
„Für € 15 erhalten die Schulmädchen die Aufklärungsbroschüre „Kishoree“ mit fünf Stunden Schulunterricht und ein Paket mit fünf waschbaren, kompostierbaren Binden. Ihre Mütter erhalten ebenfalls ein Paket Binden und werden bezüglich deren Anwendung und über den Menstruationszyklus informiert. Wenn man sich klarmacht, was das für das Leben der Schulmädchen und ihrer Mütter bedeutet, ist es eigentlich nicht viel Geld.“
Sten Linnander
Die Folgen der Corinapandemie:
Nepal erlebte eine Explosion von Covid-19-Fällen. Das Gesundheitssystem des Landes war völlig überlastet und Indien, das am Anfang noch Impfungen an Nepal geliefert hat, hat diese Lieferungen aber dann eingestellt, weil sie für die eigene Bevölkerung gebraucht wurden. Siehe New York Times-Artikel.
“Covid-19 hat auch HEAR Nepal schwer getroffen. Madhav Joshi, Leiter von HEAR Nepal, zusammen mit seiner Frau und 3 Kinder, ist mit Covid-19 schwer erkrankt. Er dachte 3 Tage lang, dass er die Krankheit nicht überleben wird, aber dass es ihm jetzt besser geht. Auch Dr. Narbada, die Professorin die Februar 2021 für HEAR Nepal eine umfangreiche Studie zu Wissen und Praktiken zum Thema Menstruation in Bajhang unternommen hat, ist zusammen mit ihrer ganzen Familie mit Covid-19 erkrankt. Wir hoffen sehr, dass die KollegInnen in Nepal bald wieder vollständig gesund werden!
Sten Linnander
Sobald die Pandemie vorüber ist, und die Schulen wieder offen haben, kann mit dem Unterricht in den Schulen anfangen werden.”
Die Pandemie hinterließ rund um den Globus ihre Spuren, so auch in Nepal. Ein Teil davon waren die negativen wirtschaftlichen Auswirkungen, unter denen vor allem die unterste Schicht der Gesellschaft litt – und auch noch lange zu leiden hat. Armut war bereits ein großes Problem, das sich durch die Schließung der Schulen noch weiter verschlimmert hat. Hinzu kommt, dass die verschlechterte Bildung weitreichende negative Folgen auf die ökonomische Zukunft des Landes haben wird. Es ist eine Abwärtsspirale. Dabei ist besonders nicht zu vergessen, dass am Ende dieser Problematik immer ein Menschenleben steht, das kaum Perspektiven auf eine Verbesserung sowie nur sehr wenig Einfluss auf die Lebensumstände hat.
Mehr Info: www.HEARNepal.de
Spendenkonto: HEAR Nepal Deutschland e.V., IBAN: DE72 4306 0967 6052 3217 00
Kontakt: Info@hearnepal.de
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