Die planetarischen Grenzen sind erreicht und die Schere zwischen Arm und Reich klafft immer weiter auf. Soziale Unruhen, humanitäre und ökologische Krisen sowie wirtschaftliche Polarisierung sind zu unserer “normalen” Realität geworden, während das sogenannte “1 %” seinen Einfluss auf die Weltbevölkerung immer weiter ausbaut. In ihrem neuesten Buch Eine Erde für Alle! nimmt Dr. Vandana Shiva den Club der Multimilliardäre wie Gates, Buffet, Zuckerberg und Co., sowie deren Imperien Big Tech, Big Data, Big Pharma und Big Ag ins Visier und entlarvt deren Blindheit gegenüber den Menschenrechten und den zerstörerischen Auswirkungen ihres Konstrukts des linearen Fortschritts mit all den Verwüstungen, die sie bereits angerichtet haben. Ihr unersättliches Profitstreben hat auf undemokratische Weise Uniformität und Monokulturen, Spaltung und Trennung, Monopole und Fremdbestimmung durchgesetzt – in allen Lebensbereichen. Dr. Vandana Shiva ist eine mutige Frau, die sich seit über 40 Jahren aktiv für Saatgutfreiheit und Erddemokratie einsetzt.
Buchtipp: Eine Erde für alle!
von Dr. Vandana Shiva
Folge der Spur des Geldes
„Wir alle, denen die Zukunft des Planeten Erde am Herzen liegt, müssen Vandana Shiva dankbar sein. Ihre Stimme ist kraftvoll, und sie scheut sich nicht, gegen die Konzernriesen vorzugehen, die die natürliche Welt verschmutzen, degradieren und letztlich zerstören.“ –Jane Goodall, UN-Friedensbotschafterin
Einssein versus das 1%
Das Einssein als Einheit mit der Erden- und Menschheitsfamilie unterscheidet sich stark vom “Status quo” – der Herrschaft des 1 % (oder 0,01 % oder 0,001 %), das die Ideologie der Separierung benutzt, um Spezies, Kulturen und Gemeinschaften auszunehmen, an den Rand der Auslöschung zu bringen oder gar auszurotten, während es uns ebenso als Gesellschaft spaltet und uns von unserem Menschsein entfremdet. Die Regel des 1 % basiert auf Separierung – von der Erde und von der Gesellschaft. Separierung ist eine Illusion, ein Konstrukt, eine Hypothese, aufgebaut von den Mächtigen, den Herrschenden, um andere Lebewesen und andere Menschen zu kolonialisieren, zu unterdrücken, auszubeuten, zu spalten, zu beherrschen. Separierung ist Gewalt.
Buchtipp: Eine Erde für alle!
von Dr. Vandana Shiva
Separierung ist eine Weltanschauung, ein Paradigma, eine Ideologie, eine Betrachtungsweise und eine Art, die Welt mit gewaltsamen Methoden zu gestalten, sowohl in unseren Köpfen als auch in Natur und Gesellschaft. Sie prägt unsere Vorstellung von Wissen, von Wissenschaft und Technik, von Wirtschaft, von Produktion und Konsum, von Demokratie und Freiheit, davon, wer wir sind, von unseren Identitäten, von unserer Bestimmung und davon, weshalb wir auf der Erde sind.
Die drei großen Separierungen, die uns als Spezies an den Rand des Aussterbens gebracht haben, sind die Trennung des Menschen von der Natur; die Trennung der Menschen voneinander durch Klassen-, Religions-, Rassen- und Geschlechtertrennung; und die Trennung unseres kleinen Ego von unserem integralen, mit allem verwobenen Sein.
Die erste Trennung, die des Menschen von der Natur, schafft Öko-Apartheid. Sie trennt den Boden und die Erde von unserem Körper und unserem Geist. Sie trennt die wechselseitig verbundenen Aspekte der Natur und teilt sie in fragmentierte, abtrennbare Teile auf, die ausgebeutet, besessen, verkauft, zerstört und verschwendet werden können. Sie trennt das 1 % von der Gesellschaft. Sie trennt die Mächtigen von den Folgen ihrer Handlungen und schafft die Möglichkeit von Nicht-Haftung, einer Nicht-Verantwortung. Die Trennung erlaubt es einer Handvoll Männer, sich vorzustellen, sie seien die Herrscher des Universums, die Natur und Gesellschaft erobern, besitzen, manipulieren und kontrollieren können, um unbegrenzt Macht und Reichtum anzuhäufen.
Der Kolonialismus führte zu einer gewaltsamen Trennung der Menschen von ihrem Land, ihren Ressourcen und Territorien. Er dauert bis heute an, da die Gier nach Land und Wasser sowie nach Holz und Mineralien zu einer ausbeuterischen Wirtschaft führt, während die Deregulierungen der Globalisierung und des “Ease of Doing Business” die Entwurzelung von Gemeinschaften erleichtern. Der Kolonialismus früherer Jahre hat sich den Reichtum und die Ressourcen von Afrika, Asien und Amerika gewaltsam angeeignet und nach Europa transferiert. Mit dem Narrativ der “Zivilisierung” wurden Gott und Religion benutzt, um diese illegalen Akte und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in das gute Recht europäischer Könige und Königinnen umzudeuten – und der Banditen, Eroberer und Händler, die unter ihrem Schutz standen.
Während die Briten in Indien Land an sich gerissen und Lagaan (Steuern) eingeführt haben, nutzt das heutige 1 % “geistiges Eigentum”, um Monopole auf unser Saatgut und unsere Nahrungsmittel, unser Kommunikationswesen, unsere Finanztransaktionen und unsere Freundschaften zu erlangen. Das Zeitalter der Raubritter begann mit dem Zeitalter des Öls, das gleichzeitig das Zeitalter der Herrschaft des Geldes war. Standard Oil, von den Rockefellers gegründet, prägt die wirtschaftliche, politische und technologische Welt von heute.
Heute haben die tatsächlichen Besitzer von gestohlenem Reichtum, der von einem räuberischen Wirtschaftssystem herrührt, Rechtsformen entwickelt, um sich zu schützen und der Haftung zu entziehen. Die größte Täuschung, die dazu dient, Reichtum anzuhäufen, ist die “digitale Welt”, in der “Daten”, soziale Beziehungen (über Facebook) zu Profitzwecken genutzt werden. Digitales Geld ersetzt den realen Reichtum der Menschen; E-Commerce verdrängt den realen Handel. Waren werden immer noch produziert und vertrieben, wenn auch zu höheren ökologischen und sozialen Kosten. Währenddessen verschwinden nach und nach alle lokalen Ökonomien, lokalen Unternehmen und lokalen Gemeinschaften.
Buchtipp: Eine Erde für alle!
von Dr. Vandana Shiva
Die Geldmaschine erlaubt es dem 1 %, Reichtum, Natur und Gesellschaft auszubeuten, wobei es diese Ausbeutung als wissenschaftlichen, wirtschaftlichen und menschlichen “Fortschritt” definiert. Erleichtert wird dies durch das mechanistische Denken. Die Leugnung von Selbstorganisation, Intelligenz, Kreativität und Freiheit, Potential, autopoietischer Entwicklung und der Verbundenheit von Natur und Gesellschaft ist die Grundlage von Beherrschung, Ausbeutung, Kolonialisierung und Versklavung der Natur, der unterschiedlichen Kulturen, der Frauen, der indigenen Völker, der Bauern und Arbeiter – durch Macht und rohe Gewalt. Das Ergebnis ist eineökologische Krise und eine menschliche Krise mit Hunger und Armut und sich vertiefender Ungleichheit; mit Ausgrenzung und Entfremdung, mit Entwurzelung und Enteignung und der Schaffung von Flüchtlingsströmen. Lineare, ausbeuterische Systeme, die auf Gewalt gründen, sind die Wurzel der wirtschaftlichen Ungleichheit und der Polarisierung der Gesellschaft in das 1 % und die restlichen 99 Prozent. Sie sind die Grundlage für neue Formen der Versklavung und eine nie dagewesene Nutzbarmachung und Ausrottung.
Was wir erleben, ist eine Verschärfung der epistemischen, ontologischen, ökologischen, politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Gewalt eines dominanten Systems, das auf dem ökonomischen Paradigma des 1 % basiert. Die wirtschaftliche Polarisierung verstärkt nicht nur die tiefe Ungleichheit zwischen dem 1 % und den 99 Prozent, sondern sie verroht die Ausgeschlossenen und entwurzelt Millionen von Menschen.
Die zweite Separierung, die Trennung der Menschen untereinander, schafft vorsätzlich Spaltungen innerhalb der Gesellschaft, die entlang der Linien der Ungleichheit von Geschlecht, Rasse, Religion und Vermögen verlaufen. Es ist die bewusste Umsetzung einer Politik des Spaltens und Herrschens und dient der Aufrechterhaltung der wirtschaftlichen Macht. Unsere reiche Vielgestaltigkeit wird zum Anlass von Konflikten gemacht. Eine Ökonomie der Gier erzeugt eine Politik des Hasses und der Angst und bedroht die Demokratie und unser Menschsein.
Die dritte Separierung ist die Trennung von unserer Wahrnehmung unserer selbst. Die führt zu einem falschen, künstlichen Gefühl von Dasein. Bei den Mächtigen äußert sich diese Trennung in unkontrollierbarer Gier und der Suche nach unbegrenzter, unkontrollierter Macht. Bei den Unterdrückten schafft sie Unsicherheit, Angst und Hass – auf den anderen und auf sich selbst. Gewalt wird allgegenwärtig und ist fest verankert, sie wiederholt sich tagtäglich in unserer Denkweise und in den wirtschaftlichen und politischen Systemen.
Das 1 % nutzt ganz wesentlich Separierung, um Reichtümer anzuhäufen, und dann schließt es sich zusammen, um die Konzentration des Reichtums in den eigenen Reihen zu halten. Verschiedene Sektoren der Wirtschaft werden zusammengelegt, um eine tiefere und umfassendere Kontrolle und höhere Gewinne zu erzielen. Biotechnologie, Informationstechnologie (IT) und Finanztechnologie haben fusioniert und sind zu einer Einheit geworden. Große Konzerne fusionieren, um noch größere Kartelle zu bilden.
Buchtipp: Eine Erde für alle!
von Dr. Vandana Shiva
Aufruf zum gewaltlosen Widerstand
“Satyagraha” nannte Mahatma Gandhi seinen gewaltlosen Widerstand gegen ungerechte, lebensfeindliche Gesetze. Satyagraha, die Kraft der Wahrheit, hat sich auch Dr. Vandana Shiva auf ihre Fahnen geschrieben, als sie bereits in den Achtzigerjahren mit ihrem Kampf gegen die Gentechnik begann, die das einheimische Saatgut Indiens mit seiner großen Vielfalt zu verdrängen drohte. Sie wehrte sich erfolgreich gegen die Patentierung von GVO-Saatgut in Indien und half so vielen Bauern, schuldenfrei zu bleiben und sich nicht dem Diktat der Industrie-Giganten unterwerfen zu müssen. Sie ist überzeugt, dass wir erneut eine weltweite Satyagraha brauchen, um uns vom lebensfeindlichen Diktat der Geldmaschine zu befreien.
- Echtes Wissen
- Echte Intelligenz
- Echter Reichtum
- Echte Arbeit
- Echtes Wohlbefinden
Laut Vandana Shiva sind dies die Grundlagen, die es wiederherzustellen gilt, und die die Grundlage darstellen sollten, um die wahren Menschenrechte einzuführen: Frei leben, frei denken, frei atmen und frei essen.
„Wir müssen uns der gemeinsamen Wurzel der Ungerechtigkeiten bewusst werden, nicht der unterschiedlichen Ausprägungen. Und wir müssen erkennen, dass wir die Kreativität und die schöpferische Kraft haben, die Veränderung zu sein, die wir sehen wollen, wie schon Gandhi sagte. Wir müssen nicht darauf warten, dass jemand kommt und sagt: Wach auf! Das Erwachen kommt von innen, das ist eine Kraft, die in uns ist, nur die Trennung wurde unsauferlegt. Doch Nicht-Trennung ist die Realität unseres Lebens, unsere Nicht-Trennung von der Natur, unsere Nicht-Trennung als Menschen und von anderen Generationen. Diese Untrennbarkeiten sind so in Stein gemeißelt wie ein Gesetz, wie die Nicht-Trennungsgesetze der Quantentheorie.“ –Dr. Vandana Shiva
Gelebte Erddemokratie
Dr. Vandana Shiva ist Wissenschaftlerin, Autorin von mehr als 20 Büchern, Umweltaktivistin und Verfechterin von Ernährungssouveränität und Erddemokratie. Ihre Pionierarbeit in den Bereichen “traditionelle Landwirtschaft” und “Frauenrechte”, insbesondere im globalen Süden, hat einen grundlegenden kulturellen Wandel der Sichtweise der Welt auf diese Themen bewirkt. Sie ist eine der Leiterinnen und Vorstandsmitglieder des International Forum on Globalization, Ratsmitglied im World Future Council und eine prominente Figur der globalen Solidaritätsbewegung, die als Anti-Globalisierungsbewegung bekannt ist. Sie ist Mitglied des wissenschaftlichen Komitees der Fundacion IDEAS, dem Think Tank der Sozialistischen Partei Spaniens, und der Internationalen Organisation für eine partizipative Gesellschaft. 1993 erhielt sie den Right Livelihood Award, eine Auszeichnung, die als “Alternativer Nobelpreis” bekannt ist. Für ihre Arbeit erhielt sie zahlreiche weitere Auszeichnungen und Ehrungen, darunter den »Save the World«-Preis 2009 und den Sydney Peace Prize 2010. Shiva arbeitet derzeit in Delhi und in Dehradun, Uttarakhand, bei Navdanya, einer von ihr gegründeten, gemeinschaftsbasierten, von Frauen geführten Bio-Farm, die eine Schule, ein Café und ein Bauern-Kollektiv umfasst. In der Bio-Farm werden Agrarökologie, Saatgutfreiheit und eine Vision der Erddemokratie gelebt, die Gerechtigkeit für die Erde und alle Lebewesen anstrebt.
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