Trägt ein Gendersternchen wirklich wesentlich dazu bei, ob sexuelle Minderheiten im Kontext mitgemeint sind oder nicht? Klar ist, die Gleichberechtigung ist ein höchst erstrebenswertes und leider immer noch nicht ganz erreichtes Ziel. Der aktuelle Wirbel um die sprachliche Korrektheit bestimmter Begriffe jedoch hat meines Erachtens absurde Auswüchse angenommen. Und ich stelle mir die Frage, ob der Ansatz nicht in eine völlig verkehrte Richtung geht…
Die Debatte
Ziel der Gender-Debatte ist die Gleichbehandlung von Menschen, deren sexuelle Identität sich von der Mehrheit der umgebenden Gesellschaft unterscheidet. Der Volksmund beschreibt diese Gruppe an Menschen als „sexuelle Minderheit“.
Dieser sexuellen Minderheit soll nun mittels Gender-Debatte eine Stimme oder sagen wir Gehör geschenkt werden. Sie sollen sich nicht mehr benachteiligt fühlen. Dabei geht es aber längst nicht mehr nur um die Benachteiligungen der Frau, sondern auch darum, wie viele Geschlechter es überhaupt gibt und wie man sowohl Sprache als auch alltägliches Leben so anpassen kann, dass sich niemand, also wirklich niemand mehr unbeachtet oder benachteiligt fühlt.
Die Frage, die ich mir in der dieser Debatte stelle, ist jedoch, ob das Gendersternchen, wodurch ein *innen an eine Bezeichnung geheftet wird, tatsächlich die ausschlaggebende Maßnahme ist, um auf alle Geschlechter aufmerksam zu machen. Ich verstehe zwar, dass das generische Maskulinum eines Begriffes, wie der Name schon sagt, bei einigen das Gefühl hervorruft, dass nur die männliche Komponente gemeint ist. Das aber liegt meines Erachtens dann wohl eher an der persönlichen Wahrnehmung einer Person als weniger daran, dass dadurch sexuelle Minderheiten bewusst nicht mitgemeint werden.
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Grammatik hat nichts mit Diskriminierung zu tun
Rein faktisch betrachtet ist es so, dass das generische Maskulinum die geschlechtsneutrale Verwendung maskuliner Substantive oder Pronomen beschreibt. Und nichts mit dem biologischen Geschlecht der so bezeichneten Personen zu tun hat. Ganz genauso ist es mit dem generischen Femininum. Wenn wir die „Schnapsdrossel“ bezeichnen, denken wir ja auch nicht automatisch an eine Frau, nur weil das generische Femininum „die“ davor steht. Und wenn von Helden die Rede ist, dann sind alle Personen gemeint, die sich durch heldenhaftes Verhalten ausgezeichnet haben. Egal, ob Mann oder Frau.
Hier bekommt man dann oft das Argument, „Frauen oder non binäre wären nur mitgemeint“ zu hören. Eine Sprache aber meint nichts, Menschen tun das. Menschen meinen etwas und interpretieren. Ein weiteres Argument ist eine Studie, bei welcher die Befragten beispielsweise mehr Männer nannten als Frauen, wenn man sie nach ihren Lieblingsautoren (anstatt Autor*innen) fragte. Das kann man jetzt auslegen, wie man möchte, man kann aber auch die Tatsache einbeziehen, dass es im bisherigen Verlauf der Menschheitsgeschichte nun mal überwiegend männliche Autoren gab. Ähnlich ist es beim Wort Hebamme. Hier denken wir erst mal an eine Frau, weil diesen Beruf bisweilen hauptsächlich Frauen ausgeübt haben, obwohl es mittlerweile auch zahlreiche männliche Hebammen gibt.
Warum konzentrieren wir uns nicht auf das Wesentliche?
Eine Debatte um Gleichberechtigung ist gut und wichtig, denn solange wir darüber debattieren, haben wir sie nicht erreicht, ganz einfach. Nur der Ansatz ist meiner Meinung nach der falsche und lenkt uns vom wesentlichen Problem ab. Bessere gesellschaftliche Rahmenbedingungen für sexuelle Minderheiten etwa, aber auch die Toleranz und allgemeine Einstellung unserer Gesellschaft. So verdienen Frauen im Schnitt zum Beispiel immer noch um die 18 % weniger als Männer. Warum wird da nicht so ein Aufstand gemacht wie beim Gendersternchen. Wieso wird hier nicht so viel Energie reingesteckt? Es kann doch nicht sein, dass wir mir nichts, Dir nichts unsere Grammatik umstellen können, aber ein Gesetz zu erlassen, welche die Lohnungerechtigkeit aushebelt, ist schier unmöglich.
Was genau haben wir vom Gendersternchen? Inwieweit bringt uns das emanzipatorisch weiter? Wenn wir hinsichtlich der Gleichberechtigung und Antidiskriminierung einen Schritt nach vorn machen wollen, dann muss jeder Einzelne bei sich selbst anfangen. Wir müssen aufhören, Menschen nach ihrer Herkunft, sexuellen Einstellung oder ihrem Geschlecht zu beurteilen. Wir müssen aufhören, Menschen zu stigmatisieren, sie zu verurteilen oder ihnen Vorschriften zu machen, wie sie ihr Leben zu leben haben. Wir müssen anfangen, uns mehr auf uns selbst, anstatt unsere Umgebung zu konzentrieren. Und damit meine ich nicht, dass wir egoistisch sein sollen. Nein, wir müssen uns um uns kümmern. Uns mit unserem inneren Selbst beschäftigen und uns mit unserem Geist ins Reine bringen. Oftmals ist es nämlich der Frust und der Hass auf einen selbst. Auf das eigene Leben, die nicht erreichten Ziele oder was auch immer. Das macht Menschen verbittert und unzugänglich für das Neue oder Unbekannte.
Danke fuer den Impuls. Sehe es genauso, es ist tatsaechlich eine Ablenkung vom Wesentlichen und vielleicht drueckt es nur die Suche nach dem Wesentlichen aus.
Es freut mich, dass der Artikel offenbar genau das vermittelt, was ich vermitteln wollte. Danke für das Feedback!
Dem kann ich mit jeder Zeile nur zustimmen. Vielen Dank.
Es freut mich, sehr, dass Dir der Artikel gefällt. Danke für das tolle Feedback!
Beste Grüße Ramona
Danke für diesen guten Beitrag.
Allerdings finde ich, sollte man sich auch mal mit dem Wort “Person” auseinandersetzen. Ich jedenfalls vermeide diesen Begriff, weil es nicht den Menschen beschreibt, sondern eine “Sache”.
Bitte hinterfragt doch einfach mal dieses Wort, ich würde mich über so einen Beitrag sehr freuen!