Im vergangenen Jahr hatten wir bereits einen Artikel darüber verfasst, wie „Mama Afrika“ in unserem Müll versinkt. Europas Städte sind weitestgehend sauber und auch bei uns zu Hause ist die Mülltrennung längst ein fester Bestandteil des Alltags. Der zweitgrößte Kontinent unserer Erde, Afrika hingegen kämpft nach wie vor mit einem Müllproblem gigantischen Ausmaßes. Dennoch sagen die Afrikaner den Müllbergen nun den Kampf an und wollen mittels Recycling und Upcycling-Projekten mehr Bewusstsein in der Gesellschaft schaffen.
Elektromüllhalde vergiftet Ghanas Hauptstadt
Zwar ist die Ausfuhr von Elektroschrott in Drittstaaten EU-weit verboten, dennoch landet nach wie vor viel zu viel unseres Mülls in Entwicklungsländern, vorwiegend in Afrika und Asien. So kommt es, dass eine der größten Elektromüllhalden weltweit Ghanas Hauptstadt Accra und die umliegende Umwelt vergiftet.
Viele Einwohner sehen hier eine Möglichkeit, sich ihr Brot zum Leben zu verdienen und sammeln den Elektromüll, um ihn weiterzuverkaufen. So streifen sie mit ihren kleinen Lastwägen, Pick-ups, Motorrädern und Fahrrädern durch die Stadt und fragen bei Straßenhändlern, in Wohnhäusern oder Büros nach alten Geräten, die nicht mehr gebraucht werden. Die Endstation der gesammelten Altgeräte ist die Mülldeponie in Agbogbloshie einem Stadtteil Accras. Hier arbeiten rund 4000 Menschen, die täglich den giftigen Dämpfen der Deponie ausgesetzt sind. Laut Angaben der ghanaischen Umweltbehörde sind es außerdem rund 250.000 der rund 2,3 Millionen Bewohner Accras, die ebenfalls der Gefahr giftiger Dämpfe ausgesetzt sind. (Stand 2015).
Ghana gehört weltweit zu den größten Importeuren für gebrauchte Elektrogeräte. So kommen jährlich Hunderte Tonnen Elektroaltgeräte im Hafen von Tema nahe Accra an – primär aus Westeuropa. Greenpeace hatte 2008 Bodenproben auf dem Schrottplatz entnommen und herausgefunden, dass die Schadstoffbelastung um ein 50-Faches über dem als gesundheitlich unbedenklich geltenden Wert lag. 2013 ernannte das US-amerikanische Pure Earth Institut Agbogbloshie dann zu einem der zehn verseuchtesten Orte der Welt.
Weltforum zur Kreislaufwirtschaft zum ersten Mal in Afrika
Es zeigt sich jedoch auch eine andere Seite Afrikas – eine Seite, die mehr in Richtung Umweltbewusstsein geht. Ruanda etwa zeigt sich im Gegensatz zum meisten Rest Afrikas alles andere als unorganisiert und dreckig. Hier herrscht Ordnung und Sauberkeit. Plastiktüten sind verboten, einmal im Monat sorgt der Kehrtag dafür, dass das Land auch künftig sauber bleibt, die Mülleimer, die sich an jeder Straßenecke finden, werden regelmäßig geleert und selbst die Wasserabflüsse sind frei von Abfällen.
Nicht zuletzt deshalb ist Ruanda im diesjährigen Weltforum der Kreislaufwirtschaft als Gastgeber aufgezeichnet. Das Weltforum findet somit dieses Jahr zum ersten Mal in Afrika statt. Dies wurde am Rande des Europäisch-Afrikanischen Wirtschaftsforum verkündet. Auf dem Weltforum der Kreislaufwirtschaft (WCEF) treffen sich jährlich politische Entscheidungsträger, Wirtschaftsakteure und Experten, um Innovationen in der Recyclingwirtschaft zu diskutieren.
Wenn es um Abfallvermeidung und Recycling geht, ist das kleine zentralafrikanische Land Ruanda führend auf dem Kontinent. So war Ruanda 2006 einer der Urheber, gemeinsam mit Südafrika und Nigeria die Afrikanische Allianz zur Kreislaufwirtschaft (ACEA) zu gründen. Die Europäische Union steht dabei neben der UN-Umweltagentur unterstützend zur Seite und hat sich in ihrem 2020 verabschiedeten „Action Plan“ für eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft vorgenommen, Afrika beim Aufbau eines solchen Sektors zu unterstützen.
Start-up zeigt Jugendlichen in Nigeria, wie sie Müll vermeiden
Nigeria geht, wie bereits erwähnt, auch einen Schritt in Richtung Umweltschutz und Müllvermeidung, indem den Jugendlichen hier gezeigt wird, wie sie Müll vermeiden oder sich diesen zunutze machen. In Nigeria fallen jedes Jahr mehrere Millionen Tonnen Müll an, wobei weniger als die Hälfte davon gesammelt, geschweige denn recycelt wird. Gerade einmal 13 % des angefallenen Mülls in Nigeria werden recycelt.
Eine Jurastudentin namens Oluwaseyi Moejoh konnte sich das nicht länger mit ansehen und gründete vor vier Jahren gemeinsam mit einem Freund das Projekt U-recycle, welches entweder zu den Jugendlichen an die Schulen kommt oder Bootcamps organisiert, wo den Heranwachsenden beigebracht wird, wie sie effizient Müll vermeiden können oder vielleicht sogar etwas Neues daraus zaubern können. So sammeln die Jugendlichen im Zuge der Workshops etwa alte Plastikflaschen, um daraus kleine Kunstwerke zu fertigen. Ferner vermittelt das Start-up den Jugendlichen ein Grundwissen rund um das Thema Nachhaltigkeit und Klimaschutz.
Für ihr Engagement wurde Oluwaseyi Moejoh 2020 von der Global Recycling Foundation mit dem Recycling Heroes Award ausgezeichnet und im selben Jahr noch, wurde Oluwaseyi zum National Geographic Young Explorer ernannt. Mit dieser Bekanntheit fällt es ihr nun leichter, Gehör zu finden – inzwischen ist die junge Aktivistin sogar mit der städtischen Abfallgesellschaft von Lagos im Gespräch.
Aus Abfall wird Kunst
Es geht noch weiter. Offenbar ist der Kreativität der Afrikaner, wenn es um die Vermeidung von Müll geht, keine Grenzen gesetzt. In Kenia tragen die Menschen den Müll jetzt am Körper. Sei es in Form von Schmuck oder Kleidung. “Second Life” heißt die neue Kollektion von Nike Gilager Kondakis aus recycelten Altkleidern. Diese Altkleider werden tonnenweise aus Europa importiert, weshalb Afrika selbst kaum noch eigenes Leder oder eigene Stoffe produziert.
In Kitengela wird Altglas verarbeitet. Südlich von Nairobi etwa, hat die deutsche Künstlerin Nani Crozi die bedeutendste Kunstglasproduktion in ganz Ostafrika aufgebaut. In der Produktion leben ca. 40 Freigeister, die ihrer Kreativität hier freien Lauf lassen. Die Künstler sammeln das abgegebene Altglas, zerkleinern es und schmelzen es in Glasöfen ein, um im Anschluss beeindruckende Skulpturen daraus zu fertigen. Auch Glasperlen werden aus dem Altglas hergestellt. Für diese sind die Künstler Kitengelas besonders bekannt. Denn jede dieser Perlen ist ein handgefertigtes Unikat, welche vorwiegend bei Modedesignern der Region Verwendung finden.
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