Der Kinostart für den bislang radikalsten Film des Regisseurs von We feed the World und Lets make Money war im Herbst 2013. Und es zeigte sich: Der Film ist ein voller Erfolg! Mit alphabet – Angst oder Liebe wagt Erwin Wagenhofer, einen radikal kritischen Blick auf unsere weltweiten Bildungssysteme.
alphabet – Ein radikaler Blick auf das Thema Bildung
Es sind die leeren Gesichter der jungen Menschen, die sich solchermaßen einprägen und im Kopf festsetzen. Kinder noch, die sich einem Bildungssystem unterordnen und gehorchen, die ausnahmslos gute Noten schreiben und zahlreiche Medaillen gewinnen – richtige MusterschülerInnen aus dem Bilderbuch. Doch nein, solche Kinder möchte niemand gerne selbst haben. Ohne Ausdruck, müde, bleich… Wo ist die Lebensfreude, die Begeisterung, die Kreativität, das wilde Herumtollen, wo sind diese unbändigen, positiven Kräfte eines Kindes – und die Neugierde und der Wissensdurst? Wo ist all das geblieben?
Unser Wirtschafts- und Gesellschaftssystem wird durch krisenhafte Entwicklungen zunehmend in Frage gestellt und eine Antwort ist nicht in Sicht. Die politischen und wirtschaftlich Mächtigen wurden zum Großteil an den besten Schulen und Universitäten ausgebildet. Ihre Ratlosigkeit ist deutlich zu spüren und an die Stelle einer langfristigen Perspektive ist kurzatmiger Aktionismus getreten.
Mit erschreckender Deutlichkeit wird nun sichtbar, dass uns die Grenzen unseres Denkens von Kindheit an zu eng gesteckt wurden. Egal, welche Schule wir besucht haben, bewegen wir uns in Denkmustern, die aus der Frühzeit der Industrialisierung stammen, als es darum ging, die Menschen zu gut funktionierenden Rädchen einer arbeitsteiligen Produktionsgesellschaft auszubilden. Die Lehrinhalte haben sich seither stark verändert und die Schule ist auch kein Ort des autoritären Drills mehr. Doch die Fixierung auf normierte Standards beherrscht den Unterricht mehr denn je.
Denn neuerdings weht an den Schulen ein rauer Wind. „Leistung“ als Fetisch der Wettbewerbsgesellschaft ist weltweit zum unerbittlichen Maß aller Dinge geworden. Doch die einseitige Ausrichtung auf technokratische Lernziele und auf die fehlerfreie Wiedergabe isolierter Wissensinhalte lässt genau jene spielerische Kreativität verkümmern, die uns helfen könnte, ohne Angst vor dem Scheitern nach neuen Lösungen zu suchen.
Erwin Wagenhofer begreift das Thema „Bildung“ sehr viel umfassender und radikaler, als dies üblicherweise geschieht. Fast alle Bildungsdiskussionen sind darauf verkürzt, in einem von Konkurrenzdenken geprägten Umfeld jene Schulform zu propagieren, in der die Schüler die beste Performance erbringen. Erwin Wagenhofer hingegen begibt sich auf die Suche nach den Denkstrukturen, die dahinterstecken. Was wir lernen, prägt unseren Wissensvorrat, aber wie wir lernen, prägt unser Denken.
Angst oder Liebe?
Der Film trägt den Untertitel „Angst oder Liebe“. Wie wir heute aus vielen – auch spirituellen oder mystischen – Schriften und Büchern wissen, sind Liebe und Angst die zwei Grundgefühle, die unser Leben beherrschen. Wir agieren entweder aus Liebe zu etwas, zu jemand – oder wir reagieren aus Angst vor etwas, vor jemand.
Das klingt ziemlich einfach, doch ist die Frage: Wie schaffen wir endlich ein Bildungssystem, welches uns zu geistig reifen, gebildeten und kreativen Menschen bildet – und dies auf eine Weise, die weder uns noch jemand anderem Schaden zufügt? Der Film alphabet bietet mögliche Antworten.
Der Trailer zum Film alphabet auf YouTube
Bildung mit Begeisterung
Die heutige Gehirnforschung weiß es schon lange: “Selbstbildung” funktioniert mit Begeisterung am Besten.
Doch respektiert und beachtet wird dies kaum oder gar nicht. Die „Entscheider“ über das Wohl von Kindern und Jugendlichen – also Eltern, Lehrer, Professoren und Ausbilder „erziehen“ in großen Teilen immer noch nach dem Prinzip preußischer Traditionen: Gerade- und Zurechtbiegen, damit alle in die vorgegebenen und normierten, leistungsorientierten Schubladen passen.
Eine Langzeitstudie über „Unangepasstes Denken“ brachte dies deutlich zum Ausdruck: Getestet wurden insgesamt 1.500 Kinder vom 3. Lebensjahr an. Es gab vier Durchläufe, der zweite im Alter ab dem 8., dann ab dem 13. und schließlich ab dem 25. Lebensjahr. Hintergrund: Als „Genie“ und besonders kreativ gilt, wer unkonventionell denken kann. Diese Denkweise ist also die absolute Voraussetzung für Genialität und Kreativität – und zugleich Motor für Innovationen und Entdeckungen.
Hier das Ergebnis:
- Erster Durchlauf: 98 % mit den entsprechenden Merkmalen von Genialität.
- Zweiter Durchlauf: 32 %.
- Dritter Durchlauf: 10 %.
- Vierter und letzter Durchlauf: Ganze 2 Prozent!
Traurig. Oder? Doch es gibt Hoffnung und zugleich Lösungsansätze: So bietet der Film “alphabet – Angst oder Liebe” zweierlei: Die kritische Auseinandersetzung mit den vorherrschenden Systemen als auch das Aufzeigen von Ansätzen und Wegen, die vielleicht zuerst ein Staunen hervorrufen – und dann sicherlich ein zustimmendes Nicken und ganz bestimmt viel Beifall!
“Es gibt drei Arten von Menschen.
Solche, die unbeweglich sind.
Solche, die beweglich sind
und solche, die sich bewegen.
Ich ermutige Sie, sich zu bewegen und einen Schritt vorwärts zu tun.”
Ken Robinson nach einem Zitat von Benjamin Franklin (aus dem Film alphabet)
Nach We feed the World und Lets make Money ist alphabe der abschließende Teil einer Trilogie, der die wirtschafts- und gesellschaftskritischen Themen der beiden vorherigen Filme nochmals aufgreift und wie in einem Brennglas bündelt.
ALPHABET ist Erwin Wagenhofers bisher radikalster Film.
Ein Film, der uns alle angeht!!
.Die Protagonisten im Film
Sir Ken Robinson
Bildungsexperte und Erziehungswissenschaftler mit Schwerpunkt Gesellschaftsentwicklung
Yang Dongping
Professor am Beijing Institute of Technology und Leiter der staatlichen Organisation „Bildung des 21. Jahrhunderts
Andreas Schleicher
Statistiker und Bildungsforscher. Internationaler Koordinator des „Programm for International Student Assessment“ (PISA-Studien) bekannt
Prof. Dr. Gerald Hüther
Einer der bekanntesten Hirnforscher Deutschlands
Arno Stern
Von der UNESCO anerkannter Pädagoge und Forscher. Bekannt durch den „Malort” in Paris
Thomas Sattelberger
Personalvorstand und Arbeitsdirektor der Deutschen Telekom AG bis 2012
André Stern
Musiker, Komponist, Gitarrenbaumeister, Journalist und Autor
Pablo Pineda
Lehrer, Schauspieler und der erste Europäer mit Down-Syndrom mit Hochschulabschluss
Yakamoz Karakurt
Schülerin der 9. Klasse eines Hamburger Gymnasiums
Weitere Informationen zum Film findest du hier: www.alphabet-film.com
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Quellen:
www.alphabet-film.com
www.thersa.org
In Bezug auf Bildung und den Film Alphabet kann ich nur jedem empfehlen sich mit alternativen Schulen wie z.B. die Montessori Schule intensiv zu befassen und zu informieren. Meine Kinder sind nun schon 5 bzw. 3 Jahre auf einer Montessori Schule und nicht nur die Beiden, sondern auch wir Eltern sind einfach nur begeistert und werden durch solche Filme wie “Alphabet” bzw. auch durch Prof. Hüther immer wieder bestätigt. Für mich gibt es leider nur noch einen Grund, warum ein Kind auf eine normale staatliche Schule geschickt wird: Die Familie besitzt nicht genügend Geld um monatlich die Schulgebühren zu bezahlen und das ist ein Problem, welches leider in unserer Gesellschaft durch die Lobby – Politik verhindert wird. Zu viele denkende und selbstbewusste Kinder, die später sehr vieles was in dieser Welt ungerechterweise passiert hinterfragen und dann auch handeln, können die Regierenden nicht gebrauchen. Was die “Oberen” brauchen sind Befehlsempfänger und das wird aus unseren Kindern in der staatlichen Schule gemacht. Wer das Geld hat und trotzdem sein Kind auf die staatliche Schule schickt, darf eigentlich auch nicht jammern, denn Alternativen wie oben schon erwähnt gibt es mittlerweile in fast jeder Gegend in Deutschland. In diesem Sinne hoffe ich, dass immer mehr Eltern sich nicht nur in Gesprächen dauernd beschweren, sondern Mut zeigen und endlich auch handeln. Nur so wird sich etwas verändern…. Herzliche Grüße
Lieber Bernd,
ja. so geht es mir leider. Vor ca. 18 Jahren, als mein Sohn 5 Jahre alt war,habe ich hier in Garmisch-P. eine Elterninitiative zur Gründung einer Montessori-schule ins Leben gerufen. 2 Jahre später haben wir mit 16 Kindern die 1. Klasse gegründet. Leider ist diese Schule wegen Fehlspekulationen pleite gegangen. Meine jüngere Tochterhabe ich ab der 4. Klasse in die Montessori-schule nach Penzberg gegeben, weil es damals eine Fahrgemeinschaft von Garmisch nach Penzberg gab. wir waren 4 Eltern, die sich abgewechselt haben (einfach 40 km- 10 Fahrten pro Woche). Leider ist diese Fahrgemeinschaft auseinander gebrochen, weil 2 Eltern abgesprungen sind. Ich bin alleinerziehend und konnte mir auch das alles nicht mehr leisten und stemmen. So ist meine Tochter seit der 6. Klasse (sie ist jetzt 13 und in der 7. Kl.) in der Regelschule (Hauptschule) gelandet und wir beide leiden sehr unter diesem Schulsystem. Am liebsten würde ich sie raustun, aber wir haben keine Alternative.
Unser BILDUNGSsystem offenbart, dass wir noch gar nicht verstanden haben, worum es geht.
ES BILDET SICH.
ALLES BILDET SICH.
STÄNDIG.
STÄNDIG NEU.
Nicht erst in den tragikomischen Gebäuden, die wir irrführend Schule nennen.
Durch die Schule wird man nicht GEBILDET.
Die Schule greift in das ein, was sich STÄNDIG IN UNS BILDET, ohne es verstanden zu haben.
Das offensichtlich einzige Mittel, auf das alle “BILDUNGSversuche” der Pädagogik hinauslaufen, ist der DRUCK.
Je mehr SIE damit scheitert, umso mehr steigert SIE den DRUCK.
Sie kennt nur DRUCK + MEHR DRUCK + wenn sie nicht mehr kann, KEINEN DRUCK.
Ohne Druck kann man Kräfte überhaupt nicht steuern.
Mit Druck kann man Kräfte nur sehr schlecht steuern.
Der Bauer weiß das, drum spannt er die Pferde nicht hinter sondern VOR den Wagen.
Wie gestaltet sich DAS BILDEN IN EINEM, wenn man jeden Tag nichts als dieses DESASTER über sich ergehen lassen muss?
In der neuen Ich-kann-Schule ist SOG das Grundprinzip.
Mit SOG lassen sich die Kräfte mühelos punktgenau lenken.
SOG richtet auf und macht wachsen.
Unter Druck wächst nichts; Druck drückt nach unten und macht matt und platt.
Druck komprimiert Mensch + Problem – das ist das exakte Gegenteil von LÖSUNG.
SOG LÖST.
Das ALPHABET zeigt den Weg von der Du-musst-Schule zur Ich-kann-Schule.
In unseren Lehrplanvbollzugsanstalten lernt man ja gar nicht Lesen & Schreiben.
Man muss sich dort im LesenMÜSSEN und SchreibenMÜSSEN üben.
Das ist die Perversion von Lesen & Schreiben.
So wird man nicht zum KÖNNER sondern zum SUPER-MÜSSER dressiert.
Was wir erkannt haben, können wir mit unserem GEIST neu gestalten.
GEIST, das ist das, womit man das Leben erkennen und verstehen und leben lernen kann.
Bei einem meiner Ich-kann-Schule-Vorträge fragte ich die anwesenden LehrerInnen, wie oft sie in den letzten drei Jahren in der Schule die Worte GEIST & SEELE gehört hätten.
Alle bekundeten, die hätten sie dort überhaupt noch nicht gehört.
So ist es um GEIST & SEELE in unseren Schulen bestellt.
Ich grüße freundlich.
Franz Josef Neffe
Hallo,
genau die gleichen Gedanken haben wir uns auch gemacht und uns einige Jahre mit dem Thema Schule beschäftigt. Dann sind wir zum Freilernen und Uracher Plan gestoßen. Uns ist wichtig, dass unsere Kinder glücklich sind und sich zu reifen Menschen entwickeln können. Hier ein kurzer Film über das Lernmodell Uracher Plan:
https://www.youtube.com/watch?v=-KHBgbvIGMQ
Herzlichst
Jasmin Salazar
Dieser Beitrag in der Wirtschaftswoche bringt es nochmasl auf den Punkt, was hierzulande in den Schulen und auch Zuhause passiert: http://www.wiwo.de/politik/deutschland/tauchsieder-bestnoten-fuer-den-bildungswahnsinn/11111492.html